german galleries / index cities / index galleries / index artists / index Bielefeld


Bielefelder Kunstverein

Museum Waldhof
Welle 61
33602 Bielefeld
Tel. 0521 - 17 88 06; Fax 0521 - 17 88 10
Do, Fr 15 - 19 Uhr, Sa, So und an Feiertagen 12 - 19 Uhr (bei Veranstaltungen bis 22 Uhr)
und jederzeit nach telefonischer Vereinbarung
e-mail: Bielefelder-Kunstverein@show-net.de
http://www.bielefelder-kunstverein.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

12.01. - 24.02.2002


Bielefelder Kunstverein - Museum Waldhof


Claudia Desgranges

Malerei

Isolde Frepoll

Objekte

Dialoge

Zum Konzept:

Die erste Ausstellung des Bielefelder Kunstvereins im Jahr 2002 erweist sich in doppelter Hinsicht als künstlerisches Experiment: Zum einen zeigt sie in gewisser Weise zwei Einzelausstellungen zur gleichen Zeit, zum anderen führt sie zwei gänzlich unterschiedliche Kunstauffassungen - nämlich realitäts- und figurbezogene Plastik von Isolde Frepoli und leicht, wie schwebend wirkende Farbmalerei von Claudia Desgranges - zu einer neuen visuellen Einheit zusammen: Der konzeptuelle Gegensatz als kunstästhetische Einheit.

So arbeitet die 1961 in Savona geborene und seit ihrem Abitur in Italien in Deutschland - aktuell im westfälischen Schlangen - lebende und arbeitende Bildhauerin Isolde Frepoli seit vielen Jahren an Portraitplastiken, die auf den ersten Blick zurückgenommen und unprätentiös wirken, bei genauerer Betrachtung jedoch an italienische Portraitbüsten des 15. Jahrhunderts erinnern - an Werke von Desiderio de Settignano, Antonio Rosselino und vor allem an Büsten Francesco Lauranas. Verhaltene, feinfühlige Charakterisierungen - typisch für die Skulpturen der Künstlerin - schlagen Brücken zu Bildnisbüsten und gemalten Portraits der römischen Antike. Die Herangehensweise, mit der Isolde Frepoli sich ihrem Themenfeld nähert, ist vielfältig. Neben den Arbeiten nach lebenden Modellen setzt sie sich mit bildhaften Anregungen aus ethnologischen Veröffentlichungen auseinander. Zunächst scheint es so, daß es überwiegend Mädchen und jüngere Frauen sind - sensibel, verletzlich und ein wenig entrückt -, auf die sich die Künstlerin seit Mitte der 1990er Jahre konzentriert. Ihre Modelle sucht Isolde Frepoli jedoch nicht, sie findet sie spontan. Das gilt für weibliche Modelle und ebenso für männliche. Häufig läßt sie sich dabei von unmittelbarer Affinität leiten. Jeder Portraitist sieht sich damit konfrontiert, daß er etwas von der eigenen Physiognomie in die Züge seiner Modelle hineinformt. Wird dieses Verfahren bewußt eingesetzt, so trifft hier der Eindruck von Ähnlichkeit sowohl für die weiblichen wie auf die männlichen Gegenüber der Künstlerin zu.

Ebenso reizt sie das Andersartige. Aus dunklem Ton geformte tätowierte Köpfe und solche mit üppigem Halsschmuck und Gesichtsbemalung wirken wie herausgelöst aus einer fremden Kultur. Der ethnische Kontext, auf den die Attribute dieser Darstellungen verweisen, bleibt für den Betrachter unaufgelöst; hinter der Fassade der Bemalung und des Körperschmucks tritt das menschliche Antlitz hervor. Andererseits trifft der Betrachter eben dann auf Rätselhaftes, wenn er glaubt, sich in vertrauten Zügen spiegeln zu können. Isolde Frepoli stellt jedoch nicht nur in ihren zahlreichen Selbstportraits Fragen nach der eigenen Identität. Ebenso bringt sie diese Fragen im Selbst der Portraitierten ans Licht. Fast alle Köpfe schauen offen auf den Betrachter, doch ohne starren Blick und ohne denkmalhafte Strenge. Sie stehen aufrecht auf ihren lebenshohen Sockeln. Dennoch ist zunächst die Position frontal gegenüber den Gesichtern der natürliche Standort des Betrachters. Der blickt nicht allein in das Psychogramm eines Individuums, verkörpert jeder Kopf doch mehr als sich selbst.

Die 1953 in Frankfurt geborene und heute in Köln lebende und arbeitende Malerin Claudia Desgranges hingegen gibt mit ihren Farbbildern auf dem Bildträger Aluminium "zu sehen" - mit Farben, deren Erscheinung deutlich vom Auftrag, der Bearbeitung mit dem Pinsel geprägt ist. Anders als die zuvor in einem längeren Prozeß des Tastens und Tarierens gesuchten und gefundenen, schließlich festgelegten zwei Ausgangsfarben folgt die eigentliche Malerei allein dem spontanen Empfinden. In unmittelbarer Reaktion auf das Entstandene entwickelt sich das Bild im Augenblick: In flächigen, fast ausnahmslos senkrecht oder waagerecht erstreckten Streifen, Bahnen, Feldern werden beide Töne zügig mit breitem Pinsel auf den am Boden liegenden Bildgrund nebeneinander aufgetragen, oft als dünnflüssige, leicht bewegliche Farbmaterie. Und mit anderen, trockenen Pinseln werden beide Farben aufeinander ZU gemalt. Die im Bild sichtbar bleibenden, nachvollziehbaren Malhandlungen versetzen die Farben in einen Zustand des Übergangs, des Schwebens. Seit 1999 verwendet die Künstlerin an Stelle der traditionellen Leinwand Aluminium als Bildträger. Die nur wenige Millimeter starken Metallplatten sind auf einem wandseitigen Unterbau montiert, so daß der gewichtslos wirkende Malgrund und das von ihm getragene Bild vor der Wand zu schweben scheint, was Bildfläche und gemalte Farbe stimmig miteinander korrespondieren läßt.

Wie weit der Prozeß des Ineinanderübergehens jeweils vorangetrieben wird, wie weit die Farben ihren ursprünglichen Charakter verlieren, ob sie überhaupt noch identifizierbar sind oder eine deutlich die andere dominiert, ist von Bild zu Bild verschieden und klärt sich erst während der nicht im voraus planbaren Arbeit. Ebenso offen ist die Zahl der nach und nach aufgetragenen Malschichten. Allen Werken gemeinsam ist eine Balance der Farbe. Nie ist sie bis zur Unterschiedslosigkeit vermalt. Stets ist die Herkunft der entstandenen Farbstruktur aus zwei Tönen wenn nicht sichtbar, so doch zumindest zu ahnen. Es entstehen Einzelbilder, in denen ein bestimmter Farbklang dominiert, aber auch Farbreihen, bestehend aus mehreren gleichforrnatigen Bildtafeln. Durch ihre farbige Anordnung wird ein bestimmter Rhythmus vorgegeben, vergleichbar einer Filmsequenz, deren Farbklang nur noch intuitiv erfaßt werden kann. Damit bleibt in allen Arbeiten eine latente Grundspannung erhalten, die sie - bei aller Unterschiedlichkeit, allem Wandel in Kolorit, Anlage, Textur, Ausstrahlung und Atmosphäre - auf eigentümliche Weise mit der grundsätzlich ganz andersartigen Kunst Isolde Frepolis verbindet.

Ausstellungseröffnung: Samstag, 12. Januar 2002, 17.00 Uhr

 

 

 

german galleriesindex citiesindex galleriesindex artists