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Schirn Kunsthalle

Römerberg
60311 Frankfurt am Main
Tel. 069 - 29 98 82 11; Fax 069 - 29 98 82 40
So + Di 11 - 19 Uhr, Mi - Sa 11 - 22 Uhr, Mo geschlossen
http://www.schirn.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 


21.9. - 1.12. 1996


Sean Scully

Zwanzig Jahre 1976 - 1995

In Zusammenarbeit mit dem High Museum of Art, Atlanta / USA

 

 

Ab dem 21. September 1996 ist eine umfassende Retrospektive mit Werken des gebürtigen Iren und Wahl-New Yorkers Sean Scully (geb. 1945) zu Gast in der Schirn Kunsthalle Frankfurt. Es ist die letzte Station der vom High Museum of Art organisierten Ausstellungstournee, die bisher in Atlanta, Barcelona und Dublin zu sehen war. Die Ausstellung umfaßt mit etwa 30 Gemälden und 32 Aquarellen Glanzlichter aller wichtigen Werkphasen der letzten zwanzig Jahre, wobei die frühesten Arbeiten unmittelbar nach Scullys endgültiger Übersiedlung in die Vereinigten Staaten 1975 entstanden sind. Vorausgegangen waren das Kunststudium am Croyden College of Art in London und an der Newcastle University. Fasziniert von den Arbeiten des Abstrakten Expressionisten Mark Rothko, zog es Scully 1972 erstmals nach New York, wo er einen Studienaufenthalt an der Harvard University absolvierte. Bridget Rileys "Op-Art", eine Reise nach Marokko und die Impressionen der Stadt New York nährten Scullys geometrischen Stil weiter.

Scullys Werke wurzeln in der amerikanischen Nachkriegskunst und führen deren abstrakten Ansatz fort. Der Künstler arbeitet mit einem sehr konzentrierten Formenvokabular: Streng an den horizontalen bzw. vertikalen Bildachsen orientiert, aber in immer variierter Abfolge und Ausdehnung überziehen Farbbänder und streifen die Leinwände, nur selten kommen einige Diagonalen hinzu. Dabei wird das an sich banale Streifenmotiv zum Rohmaterial immer neuer Kompositionen, Reihungen und Muster. Ausgangspunkt sind in den siebziger Jahren auf das äußerste reduzierte, minimalistische Arbeiten wie Horizontals. Thin Greys (1976): Dünne graue Linien überziehen in dichtem und maschinell-präzisem Raster den lichteren Untergrund. Mit Enough und Heart of Darkness, dessen Titel sich auf eine Novelle von Joseph Conrad bezieht, lockert sich 1981/82 der Farbauftrag; das Kolorit wird reicher und schließt allmählich
Organisation der Gemälde immer komplexer: Mit verschiedenen Mustern überzogene Bildtafeln fügen sich in Diptychen und Triptychen zum spannungsvollen Dialog; mehrere, in der Größe stark variierende Leinwände werden übereinander geschichtet, sie treten körperhaft vor die Wand und sprengen die linearen Bildgrenzen. Die Farben werden immer dicker und in mehreren übereinanderliegenden Schichten aufgetragen; oft besitzt die reliefartig mit Farbmasse bestrichene Oberfläche haptische Qualität. In strengen Bildarchitekturen öffnen sich, etwa in White Robe von 1990, kleinteiliger strukturierte "Fenster" und kontrastierende Farbfelder. Obwohl strikt an der Bildfläche ausgerichtet, entstehen so im komplexen Beziehungsgefüge imaginäre Räume. Die Formgefüge scheinen an den Nahtstellen zu vibrieren, sie bilden schmale Gräben, Schrunden und Verwerfungen, so als wolle der verschachtelte Verband im nächsten Moment auseinandergleiten. Statik und latente Beweglichkeit verflechten sich und lassen für den Betrachter immer neue Spannungsmomente entstehen. In den jüngsten Arbeiten dominiert neben den durchlaufenden Farbbändern das Schachbrettmuster, in dem die Streifen ineinander verwoben oder gegeneinander verschoben erscheinen. In Stone Light werden die einzelnen Felder in sich wiederum mit Streifen versehen, mit Gabriel dehnen sich die Quadrate zu Rechtecken. Einige dieser neuen Arbeiten sind in der Ausstellung erstmals zu sehen.

Zwei Aquarell-Serien, jeweils mit Entstehungsjahr und Seriennummern betitelt, spiegeln Scullys Eindrücke während verschiedener Reisen nach Europa, Kalifornien und Mexiko. In den kleinen, rasch ausgeführten Arbeiten werden die großformatigen Kompositionen variiert und neue Formverbindungen erprobt. Einige Blätter zeigen ungewöhnliche Kachelmuster und andere spielerische Experimente, die bislang nicht ins große Format übernommen wurden.

Scully bekennt sich zu seiner Verwurzelung in der kunstgeschichtlichen Tradition Europas, verleiht seinen Bildern oft aber auch einen Anflug unprofessioneller Anstreicherarbeit. Der strikten Geometrie wird mit dem immer lebhafter nuancierten Farbauftrag ein menschlicher Aspekt verliehen. Die Töne wirken wie geronnen, sie sind opak, lassen allerdings immer wieder tiefere Schichten durchscheinen. Die Pinselzüge bleiben erkennbar stehen, aber die malerische Handschrift ist entindividualisiert. Scullys Bilder stellen die Voraussetzungen der Abstraktion in Frage. Sie wollen der nonfigurativen Malerei eine menschliche Dimension sozialer Wirklichkeit: "Meine Bilder (...) beziehen einerseits die moderne Welt mit ein, widersetzen sich aber andererseits deren Hang zu Entpersönlichung und Automatisierung." Fern jeder Abbildhaftigkeit wird "die Schönheit des Realen" in Form/Farbanalogien bestimmter Eindrücke, Stimmungen und Emotionen übersetzt. Damit spiegeln die Bilder abstrakte Grundmuster der menschlichen Existenz, weisen auf komplexe Beziehungsmuster und atmen physische, ja sinnliche Qualität. Die geometrischen Strukturen besitzen jedoch keinerlei Zeichencharakter: Bezeichnendes und Bezeichnetes bleiben identisch. "Wir sprechen hier sicherlich nicht über die Probleme der Malerei, sondern über das Leben", so Sean Scully, "nur seinetwegen brauchen wir Kunst. Ich denke immer, daß die Welt nicht unbedingt noch mehr Bilder braucht. Sie braucht Kunst, aber nicht mehr Bilder um der Bilder willen. Wenn jedoch aus Bildern Kunst wird, können sie Leben erschließen. Das ist etwas ganz Unglaubliches".

 

 

Sean Scully


1945 Am 30. Juni geboren in Dublin, Irland.

1949 Die Familie übersiedelt nach London, wo Scully Klosterschulen besucht.

1960 -1962 Lehre in einer kommerziellen Druckerei in London, arbeitet in einem Atelier für Graphik-Design.

1962-1965 Teilnahme an Abendkursen in der Central School of Art, London.

1965-1968 Besuch des Croyden College of Art, London.

1968-1972 Studium an der Newcastle University, NewcastleuponTyne,
England; nach dem Studienabschluß Assistentenstelle mit Lehrauftrag.

1969 Reise nach Marokko.

1970 Erhält den Stuyvesant Foundation Prize.

1972 Preisträger der von John Moore organisierten Liverpool Exhibition

1972 -1973 Erhält ein John Knox-Stipendium.
Studienaufenthalt an der Harvard University, Cambridge, Massachusetts.

1973 Erste Einzelausstellung in der Londoner Rowan Gallery.

1973-1975 Unterrichtet an der Chelsta School of Art und dem Goldsmith' s College, University of London.

1975 Erhält ein HarknessStipendium.
Übersiedlung in die Vereinigten Staaten.

1977 Erste Einzelausstellung in New York, DuffyGibbs Gallery.
Beginnt an der Princeton University, Princeton, New Jersey, zu unterrichten - eine Position, die er bis 1983 innehaben wird.

1981 Retrospektive der seit 1971 entstandenen Werke in der Ikon Gallery,
Birmingham (Wanderausstellung innerhalb Großbritanniens, unter der Schirmherrschaft des Arts Council of Great Britain).

1982 Während des Sommers Arbeitsaufenthalt in der Edward Albees Künstlerkolonie in Montauk, Long Island.

1983 Erhält ein GuggenheimStipendium. Erwirbt die amerikanische Staatsbürgerschaft. Wird von der David McKee Gallery vertreten.

1984 Erhält ein Künstlerstipendium des National Endowment for the Arts. Teilnahme an der Überblicksausstellung An International Survey of Resent Painting and Sculpture im Museum of Modern Art, New York.

1985 Erste Einzelausstellung in einem amerikanischen Museum, dem Museum of Art, Carnegie Institute, Pittsburgh, Pennsylvania (anschließend im Museum of Fine Arts, Boston, Massachusetts).

1989 Erste Einzelausstellung in einem europäischen Museum, der Whitechapel Art Gallery, London (weitere Stationen im Palacio Velazquez, Madrid, und in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München).

1990 Hudson Hills Press, New York, bringt eine Monographie heraus.

1992 Im Dezember Reise nach Marokko, um für das BBC einen Film über Matisse vorzubereiten. Wird von der Galerie Bernd Klüser, München, und den Waddington Galleries, London, vertreten.

1993 Knoedler and Company, New York, vertreten Scully ebenfalls. Erste Ausstellung der Catherine Paintings im Modern Art Museum of Fort Worth, Texas.

1994 Arbeitet während des Sommers erstmals im neuen Atelier in Barcelona.

 

 

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