german galleries / index cities / index galleries / index artists / index Berlin


NGBK

Oranienstr. 25
10999 Berlin-Kreuzberg
Tel. 030 - 615 303; Fax 030 - 615 22 90
täglich 12 - 18.30 Uhr
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

23.1. 1997, 21.00 Uhr (Eröffnung)


Privat

Kunst statt Werbung


Ruudi Beier, NielsChristia Bolbrinker, Bettina Djurovic, eq, Benjamin Erben / Tobias Hellmann, Liliane Fietz, Cora Fisch, Ellen Fuhr, Gabriele Gärtner, Claudia Grabarse, Frank Hartung, Svenja Hehner, Sven Kalden, Mike Kircher, Andreas Knäbel, Olf Kreisel, Joachim Kuschel, Peter Th. Mayer, Th. K. Müller, Ludger Paffrath, Ute Pagel-Henrichs, Dorothea Seifert, SELTMANN, Maria Sewcz, Sebastian Soukup / Ruth Münzner, Zaza Tushmalishvili, Heike Vogler, Rebekka Uhlig, Tilman Wendland, Klaus Zylla

 

Eröffnung der Ausstellung mit dreißig Hintergleisflächen zum Thema Privat am Donnerstag, 23. Januar 1997 um 21.00 Uhr, U-Bahnhof Alexanderplatz, Linie U2 (Ruhleben Vinetastraße)

 

 

Für ein Jahr sind Arbeiten von 30 Künstlern auf den (Hintergleis-)Werbeflächen des Bahnsteigs U2 zu sehen. Die Auswahl ist das Ergebnis eines anonymen Wettbewerbs unter Berliner Künstlerinnen und Künstlern zum Thema privat. An dem Wettbewerb nahmen 906 bildende Künstler der Stadt, die aus 33 Ländern stammen, teil.

Zur Eröffnung wird Bernd Mehlitz von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, der Präsident der NGBK, Rainer Höynck sowie je ein Vertreter der BVG und der Künstlerinnen-lnitiative sprechen. Der Senat finanziert dieses Projekt mit DM 219.000,-, die Neue Gesellschaft für Bildende Kunst e.V. (NGBK) ist Trägerin des Projekts und die BVG stellt die Flächen unter Verzicht auf die Werbeeinnahmen kostenlos zur Verfügung.

Die Eröffnung wird dieses Jahr im Zeichen des Protestes gegen die Position stehen, die die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur in ihrer Diskussionsvorlage vom 9. September 1996 veröffentlicht hat. Die darin empfohlene Umwandlung des Projektes in einen Wettbewerb unter Kuratoren alternierend mit einem eingeladenen internationalen Künstlerwettbewerb kann u.E. kein Argument gegen die sinnvolle Erhaltung dieses einzigen verbliebenen offenen Wettbewerbs unter Berliner Künstiern sein. Berlins Kunst ist international, was auch die Beteiligung dieses Jahres deutlich macht. Hier kann Berlin zeigen, wo die Kunst der "künftigen Metropole" steht.

Auf den Einspruch von seiten der Künstlerinnen-lnitiative, der NGBK und der Jury des Wettbewerbs ist nur formal geantwortet worden, die angebotene Diskussion bisher ausgeblieben. Das bereits drei Monate währende Schweigen der Verwaltung legt die Befürchtung nahe, daß unterdessen mit haushaltspolitischen Entscheidungen Fakten geschaffen werden, die eine Fortführung dieses Projektes unmöglich machen könnten.

Wir, die Mitglieder der Künstlerinnen-lnitiative, halten diesen Berlin-offenen und anonymen Wettbewerb, zu dem für 1997 jeder vierte der ca. 4.000 in Berlin lebenden Künstler einen Entwurf einreicht, für unverzichtbar. Er setzt ein unverwechselbares Zeichen, das der Stadt an diesem Ort Gelegenheit zu interessanter Selbstdarstellung gibt.

Zur Ausstellung erscheint ein aus Sponsormitteln finanzierter Katalog, der beim Presse Shop auf dem Bahnsteig und in der NGBK, Oranienstraße 25, 10999 Berlin, zum Preis von DM 15, zu erhalten ist. Der Katalog kann auch über den Buchhandel (ISBN 3926796456) bestellt werden.

Die 2 x 4 m großen Kunstwerke der vorjährigen Ausstellung können (nach erfolgter Reinigung) erworben werden. Interessenten melden sich bitte in der NGBK (Tel. 030 / 615 30 31).

Künstlerinnen-Initiative Kunst statt Werbung - Barbara Putbrese (Tel. 449 52 43) und Mathias Lindner (Tel. 448 30 36)

 

 

 

2.2. - 2.3. 1997


Duldung

Zum Leben der Romafamilien aus Bosnien in Berlin

 

 




Nadya Derado - Dokumentarfilm (Gypsies Go To Berlin)

Drago Garic - Erzählungen

Fotos von Cyclop Foto Factory:

Aleksandar Sasa Kuzman

Nihad Nino Pusija

Lith Bahlmann

Alen Hebilovic

 

Die Künstler sind anwesend.

 

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

 

Die Auflösung des ehemaligen Jugoslawien in Kleinstaaten und besonders der Krieg in Bosnien Herzegowina führten zu einem zwangsweisen Nomadentum. Die Auswirkungen sind daher nicht nur dort spürbar, sondern auch Bestandteil der Realität hier in Berlin, in der Bundesrepubiik Deutschland.

Die Ausstellung Duldung beschäftigt sich mit dieser Realität des Exodus der Roma, eines Volkes, für das dieser Exodus nicht der erste ist. Duldung thematisiert in Bildern (Fotografien, Dias und Video) und Text (Erzählungen der Roma) die Lebensverhältnisse der Romaflüchtlingsfamilien, die vorübergehend in den Asylbewerberheimen von Berlin und Brandenburg untergebracht sind.

Die Ausstellung ist eine Zeitaufnahme, die einen direkten Einblick in die derzeitige soziale Lage dieser Familien gibt, in einen Alltag, der von Krieg und von dem Paragraphen 55 "Duldungsgründe" des deutschen Duldungsgesetzes bedroht, von Armut und Verfolgung überschattet ist. Sie zeigt, wie die Flüchtlinge die Wohltaten des "paradiesischen Westens" genießen, und was sie darüber denken. Sie gibt einen Einblick in die Art und Weise, wie sie ihre jetzige (multi)kulturelle und politische Umgebung verarbeiten.

Den visuellen Eindruck der Ausstellung verschaffen die Fotografien und Dias der Fotografinnen Lith Bahimann, Alen Hebilovic, Aleksandar Sata Kuzman und Nihad Nino PuSija, die Familienereignisse aus traurigem oder fröhlichem Anlaß zeigen, den Alltag, der sich in öffentlichen (Flohmarkt oder Park) und halböffentlichen Räumen (dem Hof oder Spielplatz vor dem Heim) sowie hinter den vier Wänden der Heime abspielt.

Der Dokumentarfilm "Gypsies go to Berlin" der Regisseurin Nadya Derado beschreibt "das Leben und Leiden der ewig "Heimatlosen" im Exil". Er zeigt das Portrait einer Romafamilie in allen Lebensbereichen. Sie kamen aus Bosnien, aber wollen sie auch dahin zurück?

Die zweite Ebene in der Ausstellung sind die Texte zwischen den Bildern. Auf großen, frei im Raum hängenden Textbahnen werden Aussagen der Roma präsentiert, die in den Rahmen einer dialogischen oder monologischen "Erzählung" gestellt werden, in dem der Protokollant Drago Garic nach eigener Aussage nur ein "durchsichtiges Glas" ist, allenfalls als Filter wirkt.

Ein weiterer wesentlicher Teil des Projektes entzieht sich der verbalen und visuellen Darstellung, dem Bild (Foto, Dia und Video) und dem Text (die Berichte der Roma über sich selbst, über ihr jetziges Leben und die Lebensverhältnisse in ihrem damaligen Zuhause). Was sich nicht zeigen läßt, sind die vielstündigen Gespräche, die Bekanntschaften, die Unterstützung bei Behördengängen, die Teilnahme an Familienritualen (Beerdigungen, Hochzeiten), aber auch nichtritualisierten Augenblicken des Alltags (z. B. Familienstreitigkeiten).

Die Politik des kulturellen Unterschiedes, in der die Andersartigkeit jener Kulturen, die als das verstummte Andere gelten, geachtet und geschätzt wird, ist keine konflikffreie Welt. Sie ist als Praxis von wesentlicher Bedeutung auch für die Realität der neuen Staaten, in denen die Roma leben werden:

"Nicht einen Pluralismus, gesäubert vom Diskurs der Macht, des Kampfes und der Gerechtigkeit, meint die Politik des kulturellen Unterschiedes. Sie enthält vielmehr all jene Probleme, die die Demokratie unordentlich, vibrierend und gefährlich für all jene sein läßt, die da glauben, daß Sozialkritik und soziale Gerechtigkeit der Bedeutung von Erziehung und der gelebten Erfahrung des demokratischen öffentlichen Lebens feind seien."

(Giroux, 1992, 17)

 

 

Zur Ausstellung erscheint ein 120 S. Katalog, mit einer umfassenden Fotodokumentation und den Erzählungen der Roma, sowie Textbeiträgen von u.a. Rajko Djuric (Präsident der 1. Internationalen Romaunion und Generalsekretär des Roma P.E.N. Zentrums) und Bojana Pejic (freie Kunstkritikerin, Publizistin und Kuratorin in Berlin) zum Preis von 25.- DM. Eine Übersetzung auf Serbo-Kroatisch liegt bei. ISBN-Nr. 3926 796448

 

 

german galleriesindex citiesindex galleriesindex artists