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Ludwig Forum für Internationale Kunst

Jülicher Straße 97 - 109
52070 Aachen
Tel. 0241 - 1807-104, Fax 0241 - 1807-101, Info-Line: 0241-1807-103
Di - So 12 - 18 Uhr, Mo geschlossen
ludwigforum@aachen.heimat.de
www.heimat.de/ludwigforum
über das Ludwig Forum / about the Ludwig Forum
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

ab 28.11.2003


aufgeschraubt & abgestaubt III

Die Sammlungen im Prozess der Neupräsentation

 

Harald Kunde:
Europaräume I und II
Wer dieser Tage das Ludwig Forum Aachen besucht, wird überrascht sein über den Zustand und die Präsentation der neu eingerichteten Sammlung. Unter dem leicht provokanten Titel "Aufgeschraubt und Abgestaubt" wurde dort in diesem Jahr in mehreren Etappen der Versuch unternommen, die vorhandenen Arbeiten qualitativ zu sichten und sie im Zusammenspiel mit privaten Leihgaben in prägnanten räumlichen Konstellationen wieder wahrnehmbar zu machen. Ausgehend von der sinnfälligen Aufteilung in einen "Europäischen Flügel" links und einen "Amerikanischen Flügel" rechts vom Eingang sowie dem verbindenden "Skulpturenforum" unter dem Sheddach der Halle, erhält der Besucher der ehemaligen Schirmfabrik nun die grundsätzliche Möglichkeit zur Orientierung in chronologischer, topographischer und vor allem kontextueller Hinsicht. Übergreifendes Ziel dieser internen Revision war es dabei, die Kunstwerke in ihrer singulären Kraft ernst zu nehmen und sie zugleich in einen vielschichtigen Diskurs zu binden, der sich zwischen ihren Intentionen und formalen Wirkungen, ihren individuellen und zeitgeschichtlichen Verankerungen, ihren sichtbaren Oberflächen und zu erschließenden Hintergründen entspinnt. Mit anderen Worten: vieles Gutgemeinte verschwand im Depot; die Hauptwerke aber, die für das Haus identitätsbildend sind, strahlen in wiederbelebter Präsenz und entfalten im Raum inspirierende Nachbarschaften.

So wird beispielsweise die fünfteilige Arbeit "Permutation" von Gerhard
Richter, eine Ikone seiner strukturellen Farbanalysen der 70er Jahre, mit
dem großformatigen Bild "Medici" von Franz Gertsch konfrontiert, das in dessen Schaffen ebenfalls einen signifikanten Platz einnimmt und hier in der Reibung mit Richter zwei paradigmatische Möglichkeiten von Malerei offeriert. Flankiert wird diese Achse von programmatischen Zyklen in Schwarz-Weiß, einmal dem "Pandämonischen Manifest", das der noch junge Georg Baselitz gemeinsam mit Eugen Schönebeck verfaßte und das seinen anarchisch-kreativen Furor bis heute nicht verloren hat; zum anderen durch den Zyklus der "Vier Jahreszeiten" von Hanne Darboven, in dem die grande dame der deutschen Konzeptkunst einmal mehr das Vergehen der Zeit in strengen Schreibblättern erfahrbar macht. Wiederum auf der gegenüberliegenden Wand werden weitere wichtige Positionen der jüngeren Kunstgeschichte in doppelgeschossiger Hängung aufgerufen, etwa Anselm Kiefers "Wege der Weltweisheit" oder Konrad Klapphecks beispielhaftes "Athletisches Selbstbildnis", die wie ein zitierbarer Fundus und als pars pro toto die Konturen einer unlängst abgeschlossenen Entwicklung vor Augen führen.
Dieses Prinzip der erhellenden Konstellation im Raum setzt sich auch im zweiten Saal des europäischen Flügels fort, in dem die Kühle der seriellen Konzepte mit der Vitalität von Pop und Alltag konfrontiert wird. Geradezu lehrbuchartig verbinden Bernhard und Anna Blume diese beiden Pole in ihren fotografischen "Küchen-Kollern", in denen Teller, Stühle und oft die Protagonisten selbst zu tanzen beginnen und den gewohnten Lauf der Dinge ad absurdum führen. Von solcher Art Bewegung weit entfernt sind dagegen die Klassiker der bundesdeutschen Nachkriegsfotografie, Bernd und Hilla Becher, die hier mit einer bemerkenswerten frühen Arbeit vertreten sind, die den abgelichteten Fördertürmen jeweils eine typologische Zeichnung voranstellen. Schließlich gibt es noch einen bezaubernden Christo, der bereits in jungen Jahren von der Verhüllung eines Parks in Tokio träumte und diese Idee 2005, allerdings in New York, endlich realisieren kann. Des weiteren zu sehen ist der Wanderer in Landschaft, Zeit und Raum Hamish Fulton sowie der jüngst mit einer Retrospektive in Köln geehrte Richard Hamilton, dessen von Bert Stern inspirierte Suche nach dem gültigen Bild der Marilyn Monroe als Inkunabel eines reflexiven Image-Verständnisses noch immer fasziniert. Schließlich führt eine skulpturale Reihe von den einst schockierenden, heute melancholisch stimmenden Allzweck-Damen von Allen Jones über den kargen Pappkameraden von Felix Droese und den spiralförmigen Tier-Turm von Fischli und Weiss zurück in die Halle und hin zu den weiteren sechs großen Sammlungsbereichen, die im Laufe dieses Jahres eingerichtet worden sind und in ihrem Zusammenspiel dem Ludwig Forum Aachen attraktive und vom Blickwinkel der Gegenwart aus aktuelle kunsthistorische Fundamente verleihen.

Eröffnung der Ausstellung am Freitag, 28.11.2003, 20.00 Uhr

 

 

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