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Kunstverein München

Galeriestraße 4
80539 München
Tel. 089 - 22 11 52; Fax 089 - 22 93 52
Di - So 11 - 18 Uhr
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

05. - 16.06.2001

Dokumentation und Fiktion

Filmprogramm


Die Filmreihe "Dokumentation und Fiktion" im Kunstverein München setzt die Frage nach den Bedingungen des Sehens, der Erinnerung und damit verbunden von Geschichte fort. Den Auftakt macht am 5. Juni der Künstler Olaf Probst mit filmischen Partituren. Fortgesetzt wird die Reihe mit Filmen, die sich - meist unter Verwendung von Found Footage-Filmmaterial - mit Fragen der Geschichts- und Identitätskonstruktion, der Konstruktion und Ikonographie von Erinnerung und der Verknüpfung von Geschichte und urbanen Situationen (Eisenberg, Steyerl, Wüst, Beutelschmidt/Novak) auseinandersetzen, aber auch mit der Problematik urbaner "Nicht-Orte" (Müller, Downsbrough, Hering, Suermondt, Klier). Detailliertes Programm anbei.

Verantwortlich für Ausstellung und Filmprogramm: Heike Ander.

 

Die Filmreihe ìDokumentation und Fiktionî im Kunstverein München setzt
nach der Einzelausstellung des Filmkünstlers Heinz Emigholz die Frage
nach den Bedingungen des Sehens, der Erinnerung und damit verbunden von
Geschichte fort. Den Auftakt machte am 5. Juni der Künstler Olaf Probst
mit filmischen Partituren.

Die weiteren Termine:

 

Montag, 11. Juni, 20 Uhr

Persistence von Daniel Eisenberg
[USA 1997, 86 min., 16mm, Farbe, mit deutschen Untertiteln]
Persistence ist eine Meditation über die Zeit nach einem großen
historischen Ereignis, über kontinuierliche und diskontinuierliche
Geschichtsverläufe. Daniel Eisenberg (geb. 1954 in Israel, lebt in
Chicago, Professor an der School of the Art Institute of Chicago) filmte
1991/92 in Berlin und kontrastiert seine Aufnahmen und
Tagebuchaufzeichnungen mit unveröffentlichten - eigentlich für den
Abfall bestimmten - Filmaufnahmen des US Signal Corps von 1945/46 aus
Archiven des amerikanischen Verteidigungsministeriums sowie mit
Ausschnitten aus Rosselinis Film Germania: Anno Zero (1946).

 

Dienstag, 12. Juni, 20 Uhr

Die leere Mitte von Hito Steyerl
[HFF München, 1998, 62 min., 16mm]
Der Potsdamer Platz, ehemaliges Sperrgebiet und »leere Mitte« Berlins,
bildet nun über zehn Jahre nach der Deutschen Einheit ein Zentrum
multinationaler Konzerne, einen Ort wirtschaftlicher wie politischer
Machtkonzentration. Die mit dieser Entwicklung einhergehenden
politischen, sozialen und architektonischen Veränderungen verfolgt die
Filmemacherin Hito Steyerl über einen Zeitraum von acht Jahren und
überlagert diese Aufnahmen mit historischen Texten über die Geschichte
des Ortes. Sichtbar werden sowohl die globalen Umstrukturierungen wie
auch die neuen sozialen Grenzziehungen, die sozialen Ausschlüssen, die
»Absteckung territorialer Claims und [die] Herausbildung neuer Klassen
und Kategorien.« (Hito Steyerl).

Oh Muttererde, Vaterland von Florian Wüst
[D 1999, 34 min., 16mm, Farbe + s/w, Ton]
Ein filmischer Essay zur Ikonographie der Erinnerung in Deutschland.
Ausgehend von der Kritik an der Neuen Wache in Berlin, die seit 1993 die
»Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland« darstellt,
untersucht Florian Wüst die wirkungsvolle Verknüpfung von politischer
Symbolik und christlicher Ikonographie. Das Bild des geopferten Sohnes
in den Armen der Mutter wird zum Faden einer unverfroren assoziativen
Collage aus eigenem und gefundenem Filmmaterial.
Florian Wüst (geb. 1970 in München, lebt in Rotterdam) bereitet zur Zeit
gemeinsam mit Felix S. Huber ein Projekt für die kunstprojekte_riem vor.

Im Anschluß Gespräch mit Florian Wüst.

 

Mittwoch, 13. Juni, 20 Uhr

Ein Palast und seine Republik von Thomas Beutelschmidt/Julia M. Novak
[Arte/SFB, Berlin 2000, 58 min., Farbe, Ton]
Die Grimme-Preis nominierte Dokumentation über den Palast der Republik
in Berlin zeigt die Geschichte dieses ehemaligen Prestigebaus des real
existierenden Sozialismus in einer Collage aus überwiegend historischem
Filmmaterial. So entsteht einerseits ein vielfältiges Bild des
alltäglichen, kulturellen Lebens im und mit dem »Palazzo Prozzo« - und
tatsächlich ist festzustellen (wie der Untertitel nahe legt): »So schön
kann Sozialismus sein« -, während andererseits die gesamte Ambivalenz
der aktuellen Frage nach dem Umgang mit historischen Bauwerken zwischen
ideologischen Grabenkriegen offensichtlich wird.
Im Anschluß Gespräch mit Thomas Beutelschmidt und Julia M. Novak (leben
und arbeiten in Berlin).

 

 

Freitag, 15. Juni, 20 Uhr

Vacancy von Matthias Müller
[D 1999, 14 min. 30 sek., 16mm auf DVD, Farbe, Ton]
Brasília, die »Hauptstadt der Hoffnung«, »die letzte Utopie des 20.
Jahrhunderts«, wie Umberto Eco sie nannte, und eine der radikalsten
städteplanerischen Neugründungen, wird heute konserviert als
»Weltkulturerbe«. In Matthias Müllers (geb. 1961, lebt in Bielefeld) für
den europäischen Filmpreis 1999 nominiertem Film Vacancy treffen eigene
Bilder des Filmemachers von 1998 auf Amateuraufnahmen und
Spielfilmsegmente von 1960, aus der Gründungsphase der Stadt. Der Film
zeigt den utopischen Ort als einen von Menschen verlassenen; allein
Wärter und Putzkolonnen bevölkern ihn wie Statisten.

Occupied von Peter Downsbrough
[B 2000, 18 min. 37 sek., 35mm auf Video, s/w, Ton]
Occupied erforscht einen neutralen, von buchstäblich massiver Leere
geprägten Raum, einen urbanen »Nicht-Ort«, an dem die Gebäude den Rahmen
für einen Raum bilden, der zwar formal Teil der Stadt ist (der
Verwaltungsbezirk in Brüssel), hier jedoch transformiert wird in einen
mentalen Raum, der den architektonischen besetzt, der mit dem eigenen
Bewußtsein konfrontiert und eine gleichzeitige Erinnerung vergangener,
gegenwärtiger oder zukünftiger Möglichkeiten forciert.

Von den lustigen Dingen von Bertolt Hering
[1985, 10min., 16mm, Farbe, Ton]
Der öffentliche Raum ist möbliert mit scheinbar funktionalen Dingen.
Bertolt Hering (geb. 1961 in Darmstadt, lebt in Hamburg) ignoriert in
seinem Kurzfilm Von den lustigen Dingen die getroffenen Übereinkünfte
und angelernten Verhaltensmuster in Bezug auf unsere eigene Präsenz im
Raum und führt eine Möglichkeit der Aneignung des öffentlichen Raums
vor, die sich den funktionalen Vorgaben verweigert.

Sao Paulo von Robert Suermondt
[B 1997, 25 min. 15 sek., Super 8 auf Video, Farbe, Ton]
Robert Suermondt (geb. 1961 in Genf) filmt die Megalopole São Paulo und
ihre urbanen Erscheinungen im Vorbeigehen - mit wackeliger Handkamera,
in einer Ästhetik des Amateurfilms: aus dem fahrenden Auto, vom Schiff
aus, etc. Diesen scheinbar persönlichen Blick kontrastiert Suermondt mit
einem distanzierten, investigativen, observierenden Blick von oben
herab, nur ein zoomendes Teleobjektiv stellt die Bewegung her. Die
Menschen in Suermondts Aufnahmen sind bloße Statisten in einem
(unbekannten) großen Spiel.

 

Samstag, den 16. Juni, 20 Uhr

Der Riese von Michael Klier
[D 1983, 81 min., Farbe, Ton]
Michael Klier (geb. in Karlsbad, lebt z. Zt. bei Berlin) verwendet in
seinem vielfach ausgezeichneten Film Der Riese ausschließlich
»found-foootage«-Filmmaterial von Überwachungskameras, wie sie u.a. an
Flughäfen, Autobahnen, Einkaufszentren und Villeneinfahrten zu finden
sind. Ein Spektakel ohne Kameramann, ohne Drehbuch, ohne Schauspieler,
ein »Science Fiction« über die Stadt.
Ende März diesen Jahres ist bundesweit in den Kinos Kliers jüngster Film
Heidi M. angelaufen.

 

Zusammengestellt von Heike Ander.

 

 

 

Freitag, 29. Juni 2001, 20.30 Uhr

Stefan Römer

Künstlerische Strategien des

Fake

Kritik von Original und Fälschung

Kurzvortrag von Stefan Römer mit Filmbeispielen. Im Anschluß Gespräch zwischen Helmut Draxter und Stefan Römer.

Der Künstler und Kunsthistoriker Stefan Römer (geb. 1960, lebt in Köln), der Ende 2000 mit dem Kunstkritikerpreis des Arbeitskreises deutscher Kunstvereine (AdKV) ausgezeichnet wurde, stellt sein vor kurzem erschienenes Buch Künstlerische Strategien des Fake - Kritik von Original und Fälschung (DuMont 2001, ca. 50 S/W-Abbildungen, DM 49,90) vor.

Mit der künstlerischen Praxis des Fake konstatiert Stefan Römer eine fundamentale Umstrukturierung des Original- und damit des Kunstbegriffs seit den sechziger Jahren. Denn für zeitgenössische Künstler und Künstlerinnen bezeichnet die Fälschung nicht mehr das Gegenbild zum Echten und Wahren, sondern kann als Strategie durchaus positiv besetzt sein. Diese grundlegenden Veränderungen in der künstlerischen Arbeit provozieren zugleich einen Pardigmenwechsel in der Kunsttheorie. Stefan Römer zeigt Beispiele der in seinem Buch behandelten Filme und Fotografien: Von Orson Welles' "F for Fake" bis Chris Markers "Sans Soleil", über Bilder von Eleine Sturtevant und Louise Lawler bis hin zu dem kalifornischen Museum of Jurassic Technology. Einen wichtigen Stellenwert nimmt die gegenwärtige Aktualität von Richard Princes fotografischen Arbeiten ein, die sich vor allem mit dem Pop-Phänomen des spezifisch amerikanischen Real Thing beschäftigen.

 

 

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