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Heidelberger Kunstverein

Hauptstraße 97
69117 Heidelberg
Tel. 06221 - 18 40 86: Fax 06221 - 16 41 62
Di - So 11 - 17 Uhr, Mi 11 - 20 Uhr
hdkv@hdkv.de
www.hdkv.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

30.04 - 28.05 2000


Rolf Schneider

Seine erste Ausstellung - nicht nur in Heidelberg, sondern überhaupt - hatte Roif Schneider 1979 im Kunstverein. Die Ausstellung war Teil einer Reihe, in der vor allemjunge, noch nicht allgemein bekannte Künstlerinnen und Künstler vorgestellt wurden. Etliche von ihnen haben später auf prominenten Foren wie Dokumenta und Biennale von sich reden gemacht. Der Titel der überregional stärker als vor Ort beachteten Serie ging auf eine Anregung Schneiders zurück. Er lautete "Angebote zur Wahrnehmung".

Die damalige Ausstellung, bestehend aus sorgfältig im Raum angeordneten, auf diesen bezogenen Zeichnungen und Fotoserien, vor allem aber Objekten aus Blei, Zink, Eisen, Gummi und Holz, zeigte bereits einen wesentlichen Grundzug von Schneiders Schaffen: Alle Skulpturen waren weder auf herkömmliche Weise vom Künstler "gemacht" noch handelte es sich um mehr oder minder beliebige Fundstücke. Schneiders Suchen war vielmehr von Anfang an ein gezieltes, implizierte Entscheidungsprozesse. Die Geschichte eines Fundstücks interessiert Schneider bis heute allenfalls insofern, als sich darin ein Verhalten zum Raum ausspricht, was dann im Wahrnehmen und Reagieren des Künstlers durchaus inhaltliche Dimensionen annehmen kann.

Der Zugriff auf Vorhandenes ist Teil eines konzeptuellen Aktes, der Eingriffe, Veränderungen, Ergänzungen keineswegs ausschließt. Die Kunstgeschichte des Ready made, des Objet trouvé, der Spurensicherung gehört ebenso wie die von Minimal Art und Konstruktivismus zu den Voraussetzungen von Schneiders Kunst, doch geht diese auf eigenwillige Weise über solche Vorbilder hinaus. Schneiders konstruktiver Ansatz gerät nie in die Gefahr der dogmatischen Erstarrung - mit den "Friedhöfen des Konstruktivismus" will er nichts zu tun haben.

Schneiders Kunst "fällt dem bewußt dilettantischen Gegenteil von Perfektion ebensowenig anheim, wie dieser selbst, sondern versucht beide in einer klaren Form aufzuheben", schreibt Thomas Wagner im Katalog einer Ausstellung, in der der Heidelberger Kunstverein exakt zehn Jahre nach jener ersten Präsentation erneut auf Schneiders Schaffen aufmerksam machte. War die erste Ausstellung noch in der legendären Gartenhalle gezeigt worden, so versammelte "Rückblick nach vom" als letzte Ausstellung im Übergangs-Domizil in der Alten Eppelheimer Straße ein Jahr vor dem Umzug in den Neubau eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern, die allesamt schon einmal im Kunstverein ausgestellt hatten und deren raumbezogenes Arbeiten uns besonders charakteristisch zu sein schien für eine der wichtigsten Linien unseres Ausstellungsprogramms.

Inzwischen sind weitere zehn Jahre verstrichen. Schneiders Schaffen stellt sich heute als auf den ersten Blick vielleicht verwirrendes Kaleidoskop vielfältiger formaler Möglichkeiten dar. Indes zeigt bereits die genauere Betrachtung des Frühwerks, daß Schneider schon damals verstand, auf recht unterschiedlichen Klaviaturen zu spielen. Schneider ist, in diesem Sinne, noch immer und gerade heute ein,junger Künstler". Denn die Zeiten akribischer Festlegung auf eine ängstlich gehütete "Corporate Identity" sind vorbei. Jüngere Künstler jonglieren in aller Regel virtuos und unbekümmert mit verschiedensten Möglichkeiten der Artikulation. "Handschrift" läßt sich heute nicht mehr an äußerlichen formalen Kriterien festmachen. Doch was mitunter als chamäleonhafte Beliebigkeit erscheint, erweist bei intensiverer Beschäftigung durchaus seine im künstlerischen Ansatz begründete, "hinter den Kulissen" verankerte Unverwechselbarkeit.

Schneider hat neue Materialien eingeführt, sich mit dem Thema "Bewegung" auseinandergesetzt, Farben in sein Schaffen einbezogen, gelbes und blaues Glas, Lippenstift und Tippex. Neuerdings treten mehr und mehr auch narrative Elemente in den Vordergrund, häufig in Verbindung mit Buchstaben oder - ebenfalls gefundenen - Textfragmenten. Doch nach wie vor steht im Blickpunkt die Beziehung zwischen Objekt und Umraum, nie geht es um das Objekt allein und als solches. Schneiders Thema ist der Raum - seine Objekte sind mitunter "lediglich" Hilfsmittel, diesen selbst zur Sprache zu bringen.

In vielen Gesprächen hat Rolf Schneider die "Erfindung" des Euklidschen Raumes als die bedeutendste Leistung des menschlichen Geistes bezeichnet, als eine Abstraktion, in der etwas geschaffen wurde, was es in der Natur nicht gibt, was aber gleichwohl ganz und gar in dieser begründet ist, basierend auf der Logik des rechten Winkels, der anthropologischen.und kosmischen Bezugnahme auf Horizontale und Vertikale, auf Anatomie, Verhalten, Agieren und Wahrnehmen des Menschen, auf sein Stehen, Sitzen und Liegen, sein Bezogensein auf Himmel und Erde und sein Bedürfnis, Halt in einem Ordnungssystein zu finden, das der bedrohlichen Unendlichkeit des Inkommensurablen begegnet.

Es geht Schneider darum schreibt Thomas Wagner in den bereits erwähnten Katalog beitrag, "eine Plastik zu schaffen, die minimalistische Formstrenge, lebensweltliche Einbettung und ein aufs Ästhetische sich gründendes soziales Engagement zu einer skulpturalen Einheit zu verschmelzen vermöchte, ohne dabei wieder nur ein starres, der Betrachter letztlich nur passiv einbeziehendes "Werk" zu erhalten".

Eröffnung:
Sonntag, 30. April, 11 Uhr
Begrüßung und Einführung: Hans Gercke
Grußwort: Oberbürgermeisterin Beate Weber

Katalog (erschienen im Verlag "Das Wunderhorn", mit Beiträgen von Michael Erlhoff, Hans Gercke, Annette Tietenberg und Thomas Wagner) DM 44,-, für Mitglieder DM 35,-

Künstlergespräche:
Mi., 03.05., 18 Uhr: Rolf Schneider und Hans Gercke
Mi., 24.5., 18 Uhr: Rolf Schneider und Hans Gercke

Konzert:
Mi., 17.5. 20 Uhr: XPOH:"Echos"

Führungen:
Mi., 10.5., 18 Uhr: Christine Breitschopf
So., 14.5., 13 Uhr: Christine Breitschopf
So., 28.5., 13 Uhr: Christine Breitschopf


Portrait des Künstlers


Biographie
1948 in Heidelberg geboren
1971-76 Studium an der Fachhochschule Wiesbaden
1985-86 Stipendium Cité Internationale des Arts, Paris
seit 1985 Mitglied im Internationalen Künstlergremium
seit 1994 Mitglied der Freien Akademie der Künste, Mannheim

Ausstellungen (Auswahl)
1979 Kunstverein Heidelberg
1981 Städtische Galerie im Lenbachhaus, München
1984 Galerie Edition Staeck, Heidelberg
1986 Galerie Schütz, Worms
1989 Galerie Kunst und Architektur, Hamburg
1991 Galerie Schütz, Frankfurt a.M.
1992 Galerie Arbeitsplatz, Heidelberg
1995 Quaderni Perugini di Musica Contemporanea, Perugia
1997 Galerie cuenca, Ulm

 

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