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Heidelberger KunstvereinHauptstraße 97
69117 Heidelberg
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aktuelle Ausstellung / current exhibition
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19.03. - 24.04.2000
Jürgen Liefmann
Zeichnungen
"Malst Du noch immer schwarze Männchen?" wurde Jürgen Liefmann einmal gefragt. "Ja ", antwortete er "und es ist immer noch anstrengend genug. Wir zitieren einige Passagen aus dem Katalogtext von Hans Gercke:
Erstaunlich ist, welche Bandbreite Jürgen Lieftnann seinem nur auf den ersten Blick eng gefaßten Thema abgewinnt. Doch ist es wirklich so eng? Liefinanns Metier ist das Papier, die Zeichnung, eine Art freilich mit diesem Medium umzugehen, die malerische Aspekte umschließt. Farbe allerdings wird sparsam verwendet. Farbe, sagt Liefmann, gibt immer eine bestimmte Richtung an, die letztlich von der formalen Konzentration ablenkt. Wenn Liefinann Farbe einsetzt, so vorwiegend ein zwischen den Extremen vermittelndes Grau. Bei genauerem Hinsehen stellt sich dann heraus, daß dieses zumeist aus vielen Tönen gemischt wurde. Die Extreme aber, das massige Schwarz der Tusche oder das metallisch changierende Filigran des Graphit, irgendwo dazwischen angesiedelt, dann auch die materielle Kraft der Ölkreide, - das Schwarz jedenfalls als Kontrapost zur Weite des Weiß: Diese Extreme geben Liefmanns Formerfindungen häufig so etwas wie eine skulpturale Dimension.
Im Schaffen Liefmanns geht es, vor allem anderen, um den Menschen. Einige Aspekte seien notiert:
März 92: Hochliegende Horizonte, Landschaftsausschnitte, pastos gemalt, Leimfarbe auf Papier. Streng geometrische Teilung der Fläche, fast monochrom gefüllte Felder, wenige zeichenhafte Abbreviaturen. Sie stehen für Bäume, Pfähle, Telegraphenmasten, für Natur also und Technik. Der Mensch und das Gestell, auf dem er sitzt, Hilfsmittel, Koordinaten, seine Möglichkeiten einschränkend und erweiternd. Gedanken an Heidegger, an Hopper und auch an De Chirico, wenngleich Liefmanns Duktus ein anderer ist. Jedenfalls einsam, alles eher düster als erfreulich. Der Mensch, allein auf der Szene seines Daseins. Schlagschatten, ein bedrohlich auffliegender Vogel, Raubvogel über gestürzter Figur, Schatten eines vierbeinigen, nicht klar identifizierbaren Tieres, ein Wolf vielleicht, witternd, abwartend. Erinnerungen, Erfahrungen, Alpträume, Befürchtungen. Der Einbruch des Fremden, Unerwarteten, Bedrohlichen. Rotkäppchen, homo homini lupus. Ein Weg bläht sich mumien- oder puppenartig, verhüllter Leichnam am Rand der Chaussee, Unfallopfer, Airbag. Die Straße ist zur Sackgasse geworden, das Haus am Horizont verspricht kaum Geborgenheit.
März 93: Innenräume. Die Farbe verschwindet, koloriert allenfalls grau - freilich sehr malerisch - den Raum, hinterfängt das Gitterwerk der Möbel und ihrer Schatten. Das Möbel, Mobile, Bewegliche, wird hier zum Synonym des Festgehaltenwerdens, Verhaftetseins. Gleichwohl ist die Szenerie alles andere als statisch. Durch Fensterkreuze, die an Epitaphien erinnern und formal den Gestellen verwandt sind, dringt blendendes Licht in das Grau, hektische Bewegung verwischt die Konturen. Dunkle Gestalten, nicht unbedingt als"Götter in Weiß" erkennbar, kümmem sich um den auf der Bahre Ausgelieferten. Biographische Reminiszensen mögen eine Rolle spielen: Liefinann war Krankenpfleger in der Psychiatrie, nachdem er - zunächst - keinen Studienplatz an der Akademie bekommen hatte.
März 94: Die "Möbel" werden beweglich. Wenige kraftvolle Striche - Bleistift, Tusche, Leimfarbe - lassen eine Straße entstehen, Fahrräder zwischen Bäumen, Gegenlicht, Silhouetten, Augenblicke, Größenabstufung als Zeitfolge, Perspektive, Dynamik, Vitalität, vielleicht Flucht. In der Motorik zugleich Statuarik, Mensch und Mobil verschmelzen kentaurenhaft. Raum weitet sich in unauslotbare Tiefe. In der Unendlichkeit des Blattes, des papiemen Raumes, gewinnt die Zeichnung skulpturale Monumentalität. Der Wagenlenker, die Quadriga: Die Verbindungslinien zur Tradition sind nicht gekappt. Im Bild des Körpers, im Äußeren, wird Unsichtbares sichtbar, äußert sich Inneres: Stehen, Sitzen, Liegen, Sich Bewegen - Haltungen, Gesten, verdichten sich zu Hieroglyphen.
Juni 96.- Das Repertoir der Zeichen umfaßt Linien - Vertikale, Horizontale, Diagonale -, die Raum, und solche, die Gegenstände bedeuten, Objekte und ihre Schatten, Materie und Energie, Statik und Bewegung. Streifen, Kreisformen, Zäune und Leitern, Meßlatten - "Schwarz ist das Maß" lautete der Titel eines Katalogbeitrags, eine schwarze Hütte sowie Gestelle jeglicher Art korrespondieren und kommunizieren miteinander. Menschen agieren in einem Gelände, einem Camp, arbeiten, schleppen, schieben, schuften - eingebunden in ein System, das in einem Blatt auf den radikalen Nenner der Gegenüberstellung von Figur und Linie gebracht wird.
August 97.- Sommerbilder, Silhouetten in gleißendem Licht. Mit der Basis ist es nun nicht mehr so eindeutig wie zuvor. Das Bewegungsmotiv gewinnt neue Dimensionen: Schwimmer sind das Thema, Menschen im Wasser, Torsi, nur noch teilweise herausragend aus dem Element, das durch Bewegung dazu gebracht wird, sie zu tragen. Geblieben ist als Tenor all dieser Arbeiten: Der Mensch in einem wie auch immer gearteten Kontext. Eine winzige Andeutung von Umgebung, und seien es Beckenrand oder Schatten. In abstrakten Monotypien verdichtet sich auf neue Weise die Mehrdeutigkeit einer Erzählweise, von der Liefmann einmal geäußert hat, sein Ideal wäre es, die ganze Welt in drei Wörtern beschreiben zu können.
Eröffnung: Samstag, 18. März, 19 Uhr
Begrüßung: Hans Gercke
Einführung: Gerhard Finckh
An den Osterfelertagen ist die Ausstellung geöffnet, auch am Karfreitag und Ostermontag (letzter Tag)
Katalog: DM 20,-, für Mitglieder DM 18,-, zusammen mit Katalog Kleinlein DM 58,
Künstlergespräch: Mi., 29. 03., 18 Uhr
Führungen:
So., 19. 03., 13 Uhr Dr. Christmut Präger
So., 26. 03., 13 Uhr Dr. Christmut Präger
So., 02. 04., 13 Uhr Dr. Christmut Präger
Mi., 05. 04., 18 Uhr Christine Breitschopf
Sa., 08. 04., 13 und 15 Uhr Hans Gercke
So., 16. 04., 13 Uhr Christine Breitschopf
Ostermontag, 24. 04., 13 Uhr Christine Breitschopf
Biographie
1953 in Düsseldorf geboren
1993 Stipendium Künstlerbahnhof Ebernburg
1996 Stipendium des Landes Schleswig-Holstein, Künstlerhaus Lauenburg
Lebt in Hamburg und DüsseldorfAusstellungen
1988 Kunsthaus, Hamburg
1991 Große Kunstausstellung NRW, Düsseldorf
1992 Vorraum, Kassel
1993 "Darmstädter Sezession", Kunsthalle Darmstadt
1995 Galerie der Stadt Kehl
1996 Kunstverein Heidenheim
1997 Künstlerhaus Lauenburg "Sammlung Hanck", Kunstmuseum Düsseldorf
1998 Kunstverein Speyer (mit Bernd Benedix)
1999 Städtische Galerie im Museum Folkwang Essen
Suermondt-Ludwig-Museum, Aachen