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Haus der Kunst
Prinzregentenstraße 1
80538 München
Tel. 089 - 21 1270, Fax 211 27 - 157
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 20 Uhr
mail@hausderkunst.de
www.hausderkunst.de
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
19.09. 2008 -11.01. 2009
traces du sacré
spuren des geistigen in der kunst des 20. jahrhunderts
die geburt des 20. jahrhunderts stand im zeichen eines tiefgreifenden wandels, einer glaubenserschütterung: die philosophie nietzsches mit der aussage "gott ist tot", die behauptung max webers von der "entzauberung der welt" waren ausdruck dieser spirituellen krise, die zu einem veränderten verhältnis des menschen zur religion führte. dies bedeutete jedoch nicht das ende der metaphysik in der kunst; es scheint vielmehr, als stünde die moderne kunst von kandinsky bis francis bacon, von joseph beuys bis damien hirst gerade zu den metaphysischen fragen in enger beziehung - manchmal auch als ihre antwort.
ausgehend von der mystik im werk eines caspar david friedrich führte die künstlerische suche nach geistigen und spirituellen inhalten im laufe des 20. jahrhunderts zu herausragenden künstlerischen positionen, die versuchten, dem kosmischen und unendlichen ausdruck zu verleihen.
in 16 kapiteln fächert die groß angelegte ausstellung zentrale themen verschiedener epochen seit der romantik auf: von götterdämmerung über ritual, kosmos, trance und profanierung bis hin zur psychedelischen kunst der beatgeneration, zen oder zeitgenössischen sakralkunst. werke der gegenwart treten dabei mit jenen des 19. und 20. jahrhunderts in einen dialog, der von der fortdauernden aktualität spiritueller fragen in der kunst zeugt.
präsentiert werden gemälde, skulpturen, fotografien, installationen und videos von joseph beuys, maurizio cattelan, paul chan, jake dinos chapman, giorgio de chirico, marcel duchamp, caspar david friedrich, francisco de goya, andreas gursky, damien hirst, huang yong ping, alexej von jawlensky, wassily kandinsky, martin kippenberger, paul klee, kasimir malewitsch, piet mondriaan, edvard munch, bruce nauman, barnett newman, hermann nitsch, gerhard richter, patti smith, andy warhol u.v.a.
spuren des geistigen
traces du sacré08 okt 08
mi 18.30 h
kunst nach feierabend
den arbeitstag im haus der kunst ausklingen lassen: unterhaltsame führung mit anschließendem snack & drink im café goldene bar
1,5 h / 15 euro13 okt 08
mo 14 h
kunst, kaffee, kuchen
führung durch die ausstellung inkl. kaffee & kuchen im café goldene bar
1,5 h / 12 euro15 okt 08
mi 18.30 h
do you speak art?
learn english during a guided tour!
hören, sprechen, verstehen: verbessern sie ihre englischkenntnisse bei einer führung durch die ausstellung "spuren des geistigen"
1 h / 12 euroöffentliche führungen / deutsch
do 19 h / sa 15 h / so 11 h (vhs)öffentliche führungen / englisch
17 / 31 okt 08
fr 18.30 hgerne buchen wir
"kunst, kaffee, kuchen", "kunst nach feierabend" & "do you speak art?"
zu ihrem wunschtermin!
ab 15 personen
veranstaltungen
bitte nicht beten!
open mic-nacht mit bazon brock
zur langen nacht der münchner museen
25 okt 08 / sa 19-2 h
exklusiv zur langen nacht und im rahmen der ausstellung "spuren des geistigen" lädt der emeritierte professor für ästhetik und zugleich streitbare intellektuelle bazon brock zum diskussionsmarathon über kunst und religion ein.
weitere informationencarte blanche an patti smith
art, poetry music
15 + 16 dez 08 / 20 h
kartenreservierung und -vorverkauf
ab 17 nov 08 unter events@hausderkunst.de
kinderprogramm@hausderkunst.de
die ausstellung "spuren des geistigen" wurde realisiert von centre pompidou, paris
konzeption der ausstellung: jean de loisy kuratorin: angela lampe
ermöglicht durch
gesellschaft der freunde haus der kunst
unterstützt durch
ernst von siemens kunststiftung
kunst und zerstörung
das "destruction in art symposium", london 1966
ein gespräch mit julian doepp (br) und peter weibel (zkm karlsruhe)
19 nov 08
mi 20 h"ich betete, als ich meine verchromte axt schwang [...] etwa fünfzehn minuten vergingen, bis das piano mich durch das splittern des sperrholzes anschrie..."
raphael montañez ortiz
ein mann zerschlägt ein klavier, ein anderer hackt ein loch in den kellerfußboden, ein totes lamm wird zerfleischt - kunst, die mit zerstörung arbeitet, steht nicht selten unter verdacht, auf billige schockeffekte abzuzielen. doch das motiv der destruktion spielt in der kultur des 20. jahrhunderts eine zentrale rolle. 1966 fand in london das inzwischen legendäre "destruction in art symposium" statt, das alleine schon durch seine teilnehmerliste - mit yoko ono, wolf vostell, hermann nitsch, peter weibel, raphael montañez ortiz u.v.m. - als eine der wichtigsten zusammenkünfte der kunst der 1960er jahre gelten kann. das gespräch unternimmt den versuch, die nachhaltigen auswirkungen des symposiums zu verfolgen, und der frage nachzugehen, welche künstlerischen funktionen das motiv der zerstörung bis heute hat. im anschluss präsentieren justin hoffmann (kunstverein wolfsburg), herbert kapfer (br) und katarina agathos (br) die cds "tribute to gustav metzger" und "duncan terrace piano destruction concert 1966" von raphael montañez ortiz; loopspool (alias andreas gerth) stellt die liveversion seines remix "beschleunigter zerfall. piano destruction concert 1966" vor.eintritt
5 euro
information & anmeldung
tel 089 21127-113
events@hausderkunst.dein kooperation mit
br hörspiel medienkunst/intermedium rec.
zu gast
die zelle
von andreas kriegenburg
uraufführung
16 nov 08
so 20 h / hausderkunst westeine junge frau erwacht eines morgens und findet sich eingesperrt in einer gefängnis-zelle wieder, mit stricken am boden fixiert. sie weiß weder, wie sie in die zelle gekommen ist, noch wer sie eingesperrt hat. in völliger isolation ihrer angst überlassen, beginnt sie nach und nach an ihren erinnerungen zu zweifeln, bis sie immer unsicherer wird, ob es jemals ein leben außerhalb der zelle gegeben hat. ist die zelle nur ein traum, aus dem sie wieder erwachen wird? oder sind all ihre erinnerungen an erlebtes nur ein traum, aus dem sie nun erwacht ist? warum ist sie da? wer beobachtet sie? wegen welcher schuld ist sie eingesperrt? warum bekommt sie nie einen wärter zu gesicht? nur die an ihren geliebten gerichteten selbstgespräche bewahren sie davor, verrückt zu werden. allein die hoffnung, er werde kommen und sie befreien, erhält sie am leben. oder ist die erinnerung an ihn auch nur ein traum?
die sieben monologe sind im zuge von kriegenburgs auseinandersetzung mit schillers "jungfrau von orleans" entstanden. aus dem textmaterial hat er nun einen eigenständigen theaterabend für zwei frauen geschaffen.
weitere informationenmit bettina hamel, julia jaschke
regie & raum: andreas kriegenburgweitere aufführungen
21 > 23 nov 08 / 20 h
27 > 30 nov 08 / 20 h
04 & 11 dez 08 / 20 heintritt
16 / 12 euro
information & anmeldung
tel 089 33039092
die-zelle@web.de
spuren des geistigen
traces du sacrépatti smith
patti smith christoph schlingensief
talk "art religion"
moderation: chris dercon
14 dez 08 / so 16 h
als christoph schlingensief 2005/06 sein filmprojekt "african twin towers" in namibia drehte, war patti smith eine der mitwirkenden. beide, patti smith und christoph schlingensief, sind mit arbeiten in der ausstellung "spuren des geistigen. traces du sacré" vertreten. in ihrem gespräch "art religion" hinterfragen sie die künstlerischen interessen an spiritualität, ekstase und religion.
ort: haus der kunst west
10 europatti smith adrian brendel (cello)
words music 1/2
15+16 dez 08 / 20 h
kontemplation, glaube und brüderlichkeit sind worte, die patti smith häufig verwendet und die ihr denken prägen. in "words music" begibt sie sich - gemeinsam mit dem cellisten adrian brendel - auf eine spirituelle reise. bereits anfang der 1970er jahre begann patti smith, avantgardistische musikerin und lyrikerin im umfeld des punks, gedichte mit e-gitarrenmusik vorzutragen. heute verschmelzen in ihren performances sprach- und rockrhythmen, und ihre unerschöpfliche musikalische energie verbindet sich mit religiöser und politischer poetry. bei "words music 2" am 16 dez 08 lässt sich patti smith von der besonderen atmosphäre der allerheiligen-hofkirche inspirieren; mehrfach trat sie bereits mit songs und improvisationen in kirchen auf und begeisterte ihr publikum: "es gibt keine setlist, viel improvisation, zahlreiche gedichte, und vor allem: eine (...) künstlerin, deren präsenz einem den atem verschlägt." (welt online)15 dez 08 / mo 20 h
patti smith & adrian brendel (cello)
words & music 1
ort: haus der kunst west
20 euro16 dez 08 / di 20 h
patti smith & adrian brendel (cello)
words & music 2
ort: allerheiligen-hofkirche, residenz
30 eurokartenvorverkauf
ab 17 nov 08
ort: kasse im haus der kunstkartenreservierung
ab 17 nov 08
t +49 89 21127-113
events@hausderkunst.dereservierte karten müssen bis zum 07 dez 08 abgeholt werden. nicht abgeholte karten fließen zurück in den verkauf.
21. 11. 2008 - 22.02. 2009
Made in Munich. Editionen von 1968 bis 2008
1967 fand in Köln die erste internationale Kunstmesse für moderne und zeitgenössische Kunst statt. Es nahmen nur 18 Galerien teil, aber mit 15.000 Besuchern und einem Umsatz von einer Million D-Mark war der Startschuss für regen Handel mit zeitgenössischer Kunst gefallen. Jeder konnte Kunst sehen und kaufen, und die Galerien stellten sich um ersten Mal dem direkten Vergleich mit der Konkurrenz: Werke internationaler Künstler, verschiedene Medien, verschiedene Themen - alle zum ersten Mal nebeneinander. Dieser Kontext war die perfekte Plattform für Editionen und Multiples: "Der Besucherandrang hat mich animiert, mit Multiples und Plakaten auch ein junges Publikum anzusprechen. Im Bereich zwischen 8 Mark und 50 Mark haben sich die Leute unglaublich eingedeckt, die haben an der Koje sogar Schlange gestanden", erzählte Raimund Thomas. Er war von Anfang an dabei mit seiner Galerie Thomas, die bezeichnenderweise in München ansässig war und noch heute ist. Denn München war zu Beginn der 70er-Jahre neben New York und London führend, was Editionen und Multiples betrifft.Die Ausstellung "Made in Munich" bietet einen anderen Blick auf die Geschichte des Münchner Kunsthandels sowie die Münchner Avantgarde der 60er-Jahre bis zur Gegenwart. Zu den bekannten Produzenten von Editionen wie Galerie Thomas, Galerie van de Loo und Galerie Heiner Friedrich kamen Mitte der 70er-Jahre Edition Schellmann & Klüser, Galerie + Edition Sigrid Friedrich und Sabine Knust sowie Galerie Fred Jahn dazu. Die Ausstellung deckt jedoch auch die Leistung unbekannterer Produzenten wie edition x, Godula Buchholz und Dorothea Leonhart auf und verfolgt die Spur bis hin zur alternativen Kunstszene: Forum Galerie van de Loo, Aktionsraum, P.A.P. Kunstagentur Karlheinz & Renate Hein, Kunstraum, zehn neun und s press tonband verlag.
Neben Druckgrafiken werden Objekte verschiedenster Art gezeigt: fotografische Mappenwerke, Plattencover, Skulpturen, Videos und Tonkassetten, 16 mm-Filme, eine Sitzgruppe, Tapeten, Porzellan und Mini-Kunstwerke wie Einladungskarten. Manche Arbeiten werden auch in variablen Bestandteilen geliefert: bei Richard Artschwager Malerei auf Folie, bei Damien Hirst ein Holzkasten mit 150 Dosen Lackfarbe, Pinsel und Zirkel; den räumlichen Verhältnissen angepasst, breiten sie sich an unerwarteten Stellen im Haus aus.
Nach den drei Ausstellungen, die den Kartons von Peter Cornelius, der Verflechtung der Zeitschrift "Die Kunst für Alle" mit der Kulturpolitik der Nationalsozialisten und dem 200-jährigen Bestehen der Kunstakademie München gewidmet waren, bietet das Haus der Kunst mit "Made in Munich" zum vierten Mal Ergebnisse umfangreicher eigener Recherchen zur Stadtgeschichte an.
Edition oder Multiple?
Als Multiple gilt ein plastischer Gegenstand, den ein Künstler in mehreren gleichen Exemplaren anfertigt. Jede Edition und jedes Multiple verlangt bei der Produktion nach Entscheidungen: Wie hoch soll die Auflage sein? Und je nach Auflage, welche Bezeichnung ist die passende? Kann eine Auflage auch unendlich hoch sein? Und wenn ja, bedeutet das eine Verminderung der Qualität? Die jeweils gewählte technische Produktion war bei solchen Überlegungen oft ausschlaggebend. Wenn Joseph Beuys bei einem Multiple jede Einzelheit selbst gestaltete, hielt er die Auflage gering um Zeit zu sparen. Bei anderen Multiples in höheren Auflagen beschränkte er sich darauf, das Material aufzuspüren und die Ideen zu verknüpfen. Am Anfang der vielen Multiples, die Beuys in München produziert hat und die in der Ausstellung zu sehen sind, stand 1970 der Film "Transsibirische Bahn".
Richard Hamilton, "Kent State"
Im Mai 1970 baut Richard Hamilton einen Fotoapparat vor einem Fernsehbildschirm auf. Ein ganz bestimmter Augenblick aus dem gesendeten und vom Fotoapparat aufgezeichneten Material wird später Grundlage für den Siebdruck "Kent State": das verschwommene Bild eines Oberkörpers, der verkrümmt auf dem Boden liegt, das T-Shirt blutbefleckt. Die Momentaufnahme zeigt den Studenten Dean Kahler, der während einer Protestkundgebung von der National Guard von Ohio niedergeschossen wurde. Er überlebte, blieb aber infolge seiner Verletzungen gelähmt. Hamilton wollte "das Gedächtnis an die Schande wahren"; die weite Verbreitung über einen Druck in hoher Auflage war "vielleicht die schärfste Anklage, die mir möglich war." (Hamilton in "Collected Works")
"Kent State" ist für die Ausstellung exemplarisch: wegen seiner inhaltlichen wie technischen Komplexität, wegen der engen Zusammenarbeit zwischen Künstler, Drucker und Verleger, und weil es in München entstanden ist.
Bis an die Grenzen des Mediums
In Hamiltons Siebdruck "Kent State" überlagern sich nicht weniger als 15 Farben - mehr als im Spektrum eines normalen Fernsehers. Noch dazu bestand Hamilton darauf, 5000 Exemplare in derselben hohen Qualität zu drucken, die eigentlich kleineren Auflagen vorbehalten war. Wegen der Farbschichten musste jede Arbeit lange trocknen, und bald merkten Hamilton und der Drucker Dieter Dietz, dass Insekten in die Farbe geraten waren und viele der ersten 3000 Drucke ruiniert hatten. "Kent State" wurde zu einer technischen Herausforderung; dennoch wurde die geplante Auflage von 5000 Stück in der gewünschten Qualität erreicht.
Es ist für die Produktion von Editionen charakteristisch, dass Künstler die technische Herausforderung geradezu suchten. Dabei ließen sich manche von Materialien aus dem Industriedesign inspirieren: Uwe Lausen zum Beispiel wollte mit seiner Mappe "Stoffwechsel" von 1968 wasserfeste grafische Kunst schaffen, die man im Badezimmer aufhängen kann. Er entschied sich für PVC, ein damals neues Material. Andere wie Asger Jorn und Georg Baselitz verstanden sich als Universalkünstler und verlangten sich technische Disziplin und Könnerschaft in den klassischen Drucktechniken ab: Radierung - Kaltnadel, Säure, Ätzung -, mehrfarbiger Holzschnitt und Lithografie. Hermann Nitsch betrieb das Mischen von Materialien und Techniken wie Tusche, Kreidezeichnung und Radierung mit großem Aufwand. Die Arbeit an den Lithografien für "Die Architektur des Orgien Mysterien Theaters I + II" nahm den Drucker Karl Imhof über sieben Jahre in Anspruch. Die Mappen bestanden aus labyrinthischen Zeichnungen, die an menschliche Eingeweide erinnern und für ein unterirdisches Theater bestimmt waren. Und schließlich konnte eine Edition auch ein willkommenes Experiment sein, um eine Methode in ein anderes Medium zu übertragen: Barry LeVa wollte "mit der Lithografie andere Aspekte der Skulptur erkunden".
In Editionen kommen die künstlerischen Interessen und Strategien des übrigen Werkkorpus oft auf verdichtete Weise zum Ausdruck. So ist es kein Zufall, dass Blinky Palermo einer Edition, die für sein grafisches Werk exemplarisch war, den Titel "4 Prototypen" gab.
Zur Verbreitung von Ideen
Über Versandhandel und die Ansprache von Abonnenten boten Zeitungen Editionen zu erschwinglichen Preisen an - ähnlich wie heute die Zeitschriften "Monopol" oder "Texte zur Kunst": Der englische "Observer" warb mit Überschriften wie "Kunst in Reichweite". 1971 konnte man Eduardo Paolozzis Siebdruck "Bash", produziert in München in einer Auflage von 3000 Stück, für 17,50 £ erwerben. Man brauchte nur einen Bestellschein auszufüllen und mit einem Scheck an den "Observer" zu schicken. Dieselbe Zeitung hatte auch "Kent State" zum Verkauf angeboten.
In private Wohnungen einzudringen und die 'normale' Öffentlichkeit zu erreichen, war vor allem im Interesse derjenigen Künstler, die politische Aussagen machen wollten. In München entstand 1969 die Kooperative zehn neun. Sie nahm die Idee des Versandhandels und der Subskription auf: Die Subskribenten verpflichteten sich zum Kauf von sechs Drucken bzw. einer jährlichen Mindestbestellung im Wert von 400 DM. Die Künstler-Mitglieder stellten zwei oder drei Werke pro Jahr zur Verfügung, die in Versandkatalogen zum Verkauf angeboten wurden. Vom Geist der Selbstorganisation geprägt, wollte zehn neun seinen Gewinn nicht mit Galeristen teilen. Die Kooperative veranstaltete deshalb Ausstellungen an ausgefallenen Orten wie Waschsalons oder Schulen. Die Kunstwerke von zehn neun hatten oft einen politischen Unterton; charakteristisch hierfür ist KP Brehmers Druck "Korrektur der National Farben".
Editionen sollten die Kunst demokratisieren und ein junges Publikum ansprechen. Künstler, denen die Aussage wichtiger war als das Medium, produzierten Flugblätter oder Plakate in hohen Auflagen. Joseph Beuys fasst diese Überlegungen zusammen: "Ich bin interessiert an der Verbreitung von physischen Vehikeln in Form von Editionen, weil ich an der Verbreitung von Ideen interessiert bin."
Eine Folge der regen Produktion war, dass dem reichen Angebot bald eine sinkende Nachfrage gegenüber stand. Spätestens 1975 schien der Hunger nach preiswerten Drucken gestillt. Manche Künstler waren enttäuscht, dass die Breitenwirkung ausgeblieben war und die 'Sensibilisierung von Massen' nicht in dem Maß erreicht worden war, wie sie es erhofft hatten. Doch in einer Zeit, in der politischer Aktivismus ohnehin stark verbreitet war, musste zweifelhaft bleiben, ob die politischen Einstellungen der Menschen durch Editionen überhaupt berührt werden konnten.
Grafik für die Olympischen Spiele 1972
Der Wunsch, die allgemeine Öffentlichkeit zu erreichen, war in großem Maßstab auch das Ziel während der Olympischen Spiele, die 1972 in München stattfanden. Es war das erste Mal, dass ein solches Ereignis weltweit im Fernsehen übertragen wurde, und damit tragischerweise auch der erste Terrorangriff. Zum ersten Mal arbeitete das gesamte Erscheinungsbild, geschaffen von Otl Aicher, vorwiegend mit Bildern statt Texten. Knapp 30 internationale Künstler, darunter Max Bill, David Hockney, Allen Jones, R.B. Kitaj, Victor Vasarely und Tom Wesselmann, waren von den Organisatoren der Olympiade und dem Bruckmann-Verlag mit einer Edition eigens für die Olympischen Spiele beauftragt worden. Ziel war, Kunst und Sport zu vereinen. Die Editionen wurden in drei Varianten angeboten:
· als signierte und nummerierte Originalgrafiken in einer Auflage von 200 Stück (zwischen 340 und 1200 DM)
· als signiertes, aber nicht nummeriertes Originalplakat in einer Auflage von maximal 4000 Stück (zwischen 30 und 100 DM)
· als Plakat in Offset-Reproduktion in unlimitierter Auflage (für 12,50 DM).Die Künstler
Otl Aicher, Josef Albers, Otmar Alt, Arman, Richard Artschwager, John Baldessari, Matthew Barney, Judith Barry, Georg Baselitz, Lothar Baumgarten, Klaus Baumgartner, Bernd & Hilla Becher, Hans Bellmer, Joseph Beuys, Max Bill, Alighiero Boetti, Christian Boltanski, KP Brehmer, Marcel Broodthaers, Stanley Brouwn, Günter Brus, Daniel Buren, Antonio Calderara, John Chamberlain, Chicks on Speed, Christo & Jeanne-Claude, Francesco Clemente, Chuck Close, Maureen Connor, Enzo Cucchi, Hanne Darboven, Jan Dibbets, Jim Dine, Ugo Dossi, Catharina Van Eetvelde, Olafur Eliasson, Beate Engl, Erró, Öyvind Fahlström, Robert Filliou, Dan Flavin, Lucio Fontana, Günther Förg, Andrea Fraser, Günter Fruhtrunk, FSK, Gruppe Geflecht, Rupprecht Geiger, Ludger Gerdes, Jochen Gerz, Liam Gillick, Raimund Girke, Jack Goldstein, Ekkeland Götze, Dan Graham, Rodney Graham, Peter Halley, Richard Hamilton, Keith Haring, Thomas Hirschhorn, Damien Hirst, Franz Hitzler, David Hockney, Bernhard Höke, Antonius Höckelmann, Carsten Höller, Jenny Holzer, Ulrich Horndasch, Douglas Huebler, Thomas Huber, Meg Huber, Stephan Huber, Jörg Immendorff, Rainer Jochims, Allen Jones, Asger Jorn, Donald Judd, Alex Katz, On Kawara, Anselm Kiefer, Martin Kippenberger, Per Kirkeby, Klasse Dahmen, Ute Klophaus, Evil Knievel, John Knight, Imi Knoebel, Arthur Køpcke, Jeff Koons, Joseph Kosuth, Vlado Kristl, Raimund Kummer, Jannis Kounellis, Pia Lanzinger, Maria Lassnig, Uwe Lausen, Barry LeVa, Sol LeWitt, Roy Lichtenstein, Klaus Liebig, Robert Longo, Markus Lüpertz, Walter de Maria, Michaela Melián, Gerhard Merz, Annette Messager, Olaf Metzel, Regina Möller, Sarah Morris, Otto Mühl, Sands Murray-Wassink, Heino Naujoks, Hermann Nitsch, Tony Oursler, Nam June Paik, Mimmo Paladino, Blinky Palermo, Eduardo Paolozzi, A.R. Penck, Giuseppe Penone, Peter Philips, Otto Piene, Michelangelo Pistoletto, Hermann Pitz, Sigmar Polke, Richard Prince, Arnulf Rainer, Martial Raysse, ready mades belong to everyone, Tobias Rehberger, Hubertus Reichert, Gerhard Richter, Larry Rivers, Dieter Roth, Ulrich Rückriem, Thomas Ruff, Niki de Saint Phalle, Fred Sandback, August Sander, Julião Sarmento, Hias Schaschko, Thomas Schütte, Sean Scully, Cindy Sherman, Santiago Sierra, Dirk Skreber, Haim Steinbach, Elaine Sturtevant, Florian Süssmayr, Team 86, Rosemarie Trockel, Rudi Tröger, Richard Tuttle, Luc Tuymans, Cy Twombly, Günther Uecker, Victor Vasarely, Francesco Vezzoli, Thomas Virnich, Wolf Vostell, Andy Warhol, Kara Walker, Ian Wallace, Peter Weibel, Lawrence Weiner, Troels Wörsel, Christopher Wool und La Monte Young
Die Produzenten
Aktionsraum, BR - Intermedien, Bruckmann Verlag, Godula Buchholz, Galerie Bartsch-Chariau, Druck & Publikation GmbH Imhof, ecm, Edition der Galerie Heiner Friedrich, Edition Kerlikowsky & Kneiding, Edition Schellmann, Edition Schellmannn & Klüser, Edition Und, Edition 46, edition x, Galerie Six Friedrich Lisa Ungar, Barbara Gross Galerie, Haus der Kunst, Galerie Fred Jahn, Dany Keller Galerie, Ketterer Kunst, Galerie Bernd Klüser, Galerie Sabine Knust, Kunsthalle Prackenbach, Kunstraum München, Kunstverein München, Lenbachhaus, Galerie Dorothea Leonhart, Maximilian Verlag, P.A.P. Kunstagentur Karlheinz & Renate Hein, Rosenthal Porzellan, Schirmer/Mosel, Galerie Rüdiger Schöttle, s press tonband verlag, Galerie Tanit, Galerie Thomas, Galerie van de Loo, Galerie Rupert Walser und zehn neun
19.09. 2008 - 11.01. 2009Garin Nugroho
opera jawa
für seinen film "opera jawa" (2006) interpretierte der indonesische regisseur garin nugroho (*1961) eine geschichte aus dem indischen nationalepos "ramayana" neu. hauptpersonen in diesem liebesdreieck sind der töpfer setio, seine frau siti und der händler ludiro. ort der handlung ist die stadt umbul makmur auf jawa, deren bewohner unter missernten und armut leiden. der wohlhabende ludiro nutzt die armut der menschen für seine geschäfte aus. auch setios töpfergeschäft läuft schlecht, so dass er regelmäßig zu weit entfernten märkten reisen muss, um seine ware zu verkaufen. während einer dieser reisen erliegt seine frau siti dem werben des geschäftemachers ludiro. nach seiner rückkehr beginnt setio, an der treue seiner frau zu zweifeln. siti beginnt ihrerseits, sich gegen die versuche ihres mannes, sie nach seinen vorstellungen zu formen, aufzulehnen. zur gleichen zeit bahnt sich unter den bewohnern der stadt ein aufstand an: sie wollen sich gegen die ausbeutung durch ludiro wehren. es kommt zu einem kampf, bei dem ludiro sein leben verliert. und dann tötet setio, noch immer von eifersucht getrieben, seine frau siti.
in "opera jawa" verbindet garin nugroho traditionelle formen der gamelan-musik, des stabpuppentheaters, des jawanesischen tanzes und gesangs mit zeitgenössischer choreografie; die projektion ist eingebettet in eine theatrale installation. sämtliche dialoge des films sind gesungen, die handlung getanzt: eine neue form des musicals, eine "oper für das 21. jahrhundert".
120 minutenvorführungen täglich 10/12/14/16/18 h
"opera jawa" ist ein projekt im rahmen der ausstellung "spuren des geistigen. traces du sacré"; beim kauf einer eintrittskarte zur ausstellung ist der eintritt für den film "opera jawa" frei.
"opera jawa" entstand im auftrag von peter sellars für das wiener mozart-festival new crowned hope.
in zusammenarbeit mit dem filmmuseum münchen
filmstill
garin nugroho, opera jawa