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Haus der Kunst

Prinzregentenstraße 1
80538 München
Tel. 089 - 21 1270, Fax 211 27 - 157
täglich 10 - 20 Uhr
mail@hausderkunst.de
http://www.hausderkunst.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

02.06. - 17.09. 2006

Frans Post

(1612-1680)

Maler des Verlorenen Paradieses

Einen "Canaletto Brasiliens", einen "Zöllner Rousseau des 17. Jahrhunderts" hat man ihn genannt - an Vergleichen hat es nicht gefehlt, um das Faszinosum Frans Post zu beschreiben. Frans Post nimmt in der Geschichte der Malerei einen besonderen Platz ein. Geboren in Haarlem, nach dem frühen Tod des Vaters wahrscheinlich ausgebildet von seinem Bruder, dem Architekten und Maler Pieter Post (1608-1669), fuhr er mit 25 Jahren im Gefolge des Prinzen Johann Moritz von Nassau Siegen nach Brasilien. In der Küstengegend um die heutige Millionenstadt Recife herrschten seit wenigen Jahren nicht mehr die katholischen Portugiesen, sondern die kalvinistischen Holländer. Die Handelsherren der Westindischen Kompanie hatten den Prinzen als Gouverneur eingesetzt. Im atlantischen Dreieckshandel führte man Zucker und Holz nach Europa aus und schiffte Sklaven von der Westküste Afrikas ein.

Die Anstrengungen des Prinzen gingen jedoch über die merkantilen Interessen der Anteilseigner hinaus. In den wenigen Jahren seiner Regierung (1637-1644) baute er die Kolonie nach den Grundsätzen eines liberalen Staatswesens aus, so dass das moderne multikulturelle Brasilien seiner gerne gedenkt. Sein Nachruhm verdankt sich auch seinem persönlichen Engagement für Wissenschaft und Kunst. Er war Bauherr des Mauritshuis in Den Haag und beauftragte auf eigene Kosten Kartografen, Naturforscher und Maler mit der Beschreibung des "Papageienlandes", das mit seinem Artenreichtum auf Europäer wie ein vorsintflutliches Paradies wirkte. Zu dem Rechenschaftsbericht der Expedition, "Rerum per octennium in Brasilia gestarum historia" (1647) von Caspar Barlaeus, trug Frans Post 32 Illustrationen bei, für die er seine an Ort und Stelle angefertigten Skizzen und Notizen heranzog. Wegen ihrer nahezu fotografischen Abbildungstreue zählen die frühen, in Brasilien entstandenen Werke von Frans Post zu den wertvollsten Bildzeugnissen der Epoche.

Nach seiner Rückkehr 1644 eroberte Frans Post mit seinen brasilianischen Landschaften bald eine exotische Nische auf dem Kunstmarkt und war nicht mehr auf Aufträge des Hofes angewiesen. In Haarlem, wo die Landschaftsmalerei von zahlreichen heute noch berühmten Meistern wie Jacob van Ruisdael (1628/29-1682) gepflegt wurde, formte er seine akkuraten Naturaufnahmen zu dekorativen Kunstwerken um, die dem Geschmack des geschulten holländischen Publikums entsprachen. Auf diese Weise führte er Amerika in die europäische Malerei ein. Dabei entwickelte er seine Kunst weiter: In den Jahren von 1644 bis 1650 greift er auf seine Zeichnungen zurück, um einem durch die aktuellen Reiseberichte vorbereiteten Publikum getreue Bilder eines gerade heimgekehrten Augenzeugen nachzuliefern. In den 1650er-Jahren orientiert er sich mehr am Stil anderer Meister seines Faches wie vor allem Cornelis Vroom (um 1591-1661) und beginnt, eigene Kompositionen zu variieren. Den Höhepunkt seiner Karriere erreicht er in den 1660er-Jahren. Zu jener Zeit hatten die Holländer ihre brasilianische Kolonie gerade wieder an die Portugiesen abgetreten und blickten auf ihr Verlorenes Paradies zurück. Frans Post breitet nun eine geradezu enzyklopädische Fülle an Motiven der brasilianischen Flora und Fauna unter einem strahlend blauen, romantischen Himmel aus. Im Alter schlägt er noch einmal eine neue, wehmütige Saite an: Seine ländlichen Szenen der späten Jahre bis 1680 fangen häufig ephemere Abendstimmungen ein.

Seit seiner Wiederentdeckung vor etwa hundert Jahren hat Frans Post immer wieder das Interesse von Sammlern und Forschern geweckt, zuerst in Brasilien, bald darauf auch in Europa und den USA. Nicht nur Kunstwissenschaftler beschäftigen sich mit ihm, sondern auch Ethnologen, Botaniker und Zoologen. Nach der Präsentation in Basel und Tübingen (1990) und einer kleinen, auf die nassauische Schenkung an Ludwig XIV. konzentrierten Schau im Louvre in Paris (2005), widmet das Haus der Kunst dem Maler die dritte und bislang größte monografische Ausstellung in Europa: Die künstlerische Entwicklung von Frans Post wird mit 25 Gemälden und 10 Zeichnungen belegt, die strengsten Maßstäben hinsichtlich künstlerischer Qualität, Erhaltungszustand und Echtheit standhalten. In einer solchen Dichte waren Werke von Frans Post bisher nie zu sehen.

Unter den Leihgaben befindet sich "Mauritsstad und Recife" aus dem Jahr 1653, eines der kostbarsten Altmeistergemälde südamerikanischer Provenienz. In diesem Panorama gehen die Darstellung von Landschaft, Architektur und ethnisch-konfessioneller Vielfalt eine einzigartige Verbindung ein. Und gleichsam beiläufig wird der Besuch einer hochgestellten Persönlichkeit - wohl des Prinzen von Nassau - inmitten des täglichen Treibens geschildert.

Projekt Morrinho

In Ermangelung eines Spielraumes haben Jugendliche aus einer Favela in Rio de Janeiro vor acht Jahren begonnen, sich aus Ziegelsteinen eine eigene Stadt en miniature zu bauen, bevölkert mit Figuren und nach den Spielregeln der realen Favela. Inzwischen ist morrinho ("kleiner Hügel") zu einer Mini-Metropole von fast 300 qm gewachsen. Auf Einladung vom Haus der Kunst bringen die Jugendlichen ihr Projekt nach München, errichten nach dem gleichen Muster eine zweite Stadt und schreiben so die Utopien fort, die aus den Bildern von Frans Post zu uns sprechen.

Rosilene Luduvico

Frans Post hat Brasilien durch die Brille des Kolonisten betrachtet. Was geschieht, wenn anders konditionierte Augen seinen Spuren folgen? Rosilene Luduvico (geb. 1969) wuchs in einem Bergdorf ohne Stromversorgung bei Belo Horizonte auf. Sie verließ Brasilien, um an der Kunstakademie Düsseldorf Malerei zu studieren - im gleichen Alter, in dem Frans Post von den Niederlanden aufbrach. Auf Initiative vom Haus der Kunst arbeitete sie an denselben Orten wie Frans Post, im Nordosten Brasiliens. Ihre Landschaften schlagen einen lyrischen Ton an, der zu dem nüchternen Realismus der Frühwerke von Frans Post einen Kontrast bildet.

Bayern - Brasilien

Mit einer Auswahl zusätzlicher Exponate geht die Ausstellung auch auf den Beitrag ein, den bayerische Forschungsreisende, Künstler und Auswanderer zur Entdeckung Brasiliens geleistet haben. Das Haus Wittelsbach beispielsweise unterstützte Reisen der bayerischen Forscher Carl Friedrich Philipp Martius und Johann Baptist Spix (1817-20), und 1888 führte die Prinzessin Therese von Bayern in Brasilien naturwissenschaftliche und ethnografische Studien durch.

Gefördert durch die Ernst von Siemens Kunststiftung
Die Ausstellung ist Teil des Programms von Copa da Cultura, Brasil + Deutschland 2006
In Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum für Völkerkunde, München und dem Centro Cultural Brasil-Alemanha, Recife
Die Realisierung des Morrinho-Projekts wurde durch Stefan Baumgärtner + Aigner - Architects ermöglicht

 

führungen
do 18 h / so 14 h

 

veranstaltungen

18 jun 06 / so 14 h
brasilien spielt: sommerfest
antonio nobréga band
wm-live-übertragung brasilien vs australien
spokfrevo orchestra

16 sep 06 / sa 20 h
jürgen partenheimer
copan. diario paulistano
lesung gespräch

 

brasilien spielt:
sommerfest
guided tours frans post
wm-live-übertragung brasilien vs australien
spokfrevo orchestra
18 jun 06
so ab 14h
brasilien spielt: das spokfrevo orchestra ist zu gast im haus der kunst. frevo ist eine sehr schnelle tanzmusik des pernambucanischen karneval; der name ist aus ferver" (kochen") entstanden. den frevo de rua spielte der brasilianische musiker spok zu karneval auf den straßen von recife und olinda, bevor er 1988 das spokfrevo orchestra gründete. die big band wird seitdem regelmäßig zu jazzfestivals eingeladen. im haus der kunst ist sie hauptsächlich mit blechblasinstrumenten präsent, typische straßenbesetzung: der frevo da rua kocht.

ungefähre landschaften
führung lesung
22 jun 06 / 06 jul 06
do 19
begleitend zu den werken frans posts zeigt die ausstellung im haus der kunst eine reihe von landschaftsbildern der jungen brasilianischen künstlerin rosilene luduvico. sie porträtierte dieselben orte im nordosten brasiliens, die auch frans post in seinen bildern festgehalten hat. es sind beseelte landschaften", die von luduvicos eindrücken ihrer reise erzählen. ein teil der serie wird bis zum 15 jul 06 in der galerie michael zink gezeigt. bei der kombinierten führung, die im haus der kunst beginnt und in der galerie zink bei brasilianischem kaffee und gebäck ausklingt, erleben sie die reiseerzählung rosilene luduvicos im zusammenhang und hören dabei ausgewählte passagen aus peter stamms ungefähre landschaft" (2001), einem roman, der luduvicos poetischer landschaftsauffassung sehr nahe kommt.
die führung ist kostenlos.
information und anmeldung
+49 89 21127-113

öffentliche führungen
do 18 h / so 14

 

veranstaltung

jürgen partenheimer
copan - diario paulistano
lesung gespräch
16 sep 06
sa 20 h
"wie bienen schwirren die hubschrauber über den langstieligen hochhäusern, suchen behutsam navigierend die landeplattform ihrer bienenstöcke, tauchen ein zwischen den türmen der stadt, legen ihre frucht ab und entfernen sich mit neuem ziel."
são paulo im frühjahr 2005: jürgen partenheimer (*1947) lebt in einem gastatelier im 28. stock des copan-gebäudes von oscar niemeyer. der deutsche künstler bringt ebenso wie der nieder-ländische maler frans post im 17. jahrhundert landschaften mit nach hause: ein tagebuch und zeichnungen. über den fremden blick des reisenden, über das copan und oscar niemeyer, stadtlandschaften und brasilien sprechen chris dercon und jürgen partenheimer. anna böger, schauspielerin im ensemble der münchner kammerspiele, liest aus den aufzeichnungen des künstlers.

führungen
do 18 h / so 14 h

kinderprogramm
workshop für 6-10 jährige
16 sep 06
sa 13-15.30 h
information und anmeldung
+49 89 21127-118
kinder@hausderkunst.de

 

frans post
maler des verlorenen paradieses
gefördert durch die
ernst von siemens kunststiftung
niederländisches generalkonsulat
in zusammenarbeit mit
staatliches museum für völkerkunde, münchen

rosilene luduvico
unterstützt von
centro cultural brasil-alemanha, recife
kunststiftung nordrhein-westfalen

morrinho-projekt
ermöglicht durch
stefan baumgärtner aigner.architects
casa do brasil, münchen
u.v.a.

die ausstellung ist teil des programms von copa da cultura, brasil + deutschland 2006

 

 

 
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