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Haus der Kunst

Prinzregentenstraße 1
80538 München
Tel. 089 - 21 1270, Fax 211 27 - 157
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 20 Uhr
mail@hausderkunst.de
www.hausderkunst.de
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30.05. - 31.08. 2008

"Die Kraftprobe" - 200 Jahre Kunstakademie München

Zum 200. Akademiejubiläum und zum 850. Stadtgeburtstag Münchens zeigt das Haus der Kunst eine große Ausstellung mit beispielhaften Werken von Professoren und Studenten. Eine pointierte Auswahl von rund hundert Exponaten stellt die wechselhafte Geschichte der Akademie der Bildenden Künste in den beiden vergangenen Jahrhunderten dar.

Anziehung und Ausstrahlung (1808 - um 1900)

Der erste Teil der Schau erinnert an die Aufbruchphase der Akademie unter Peter von Langer und dem Nazarener Peter von Cornelius. In den ersten Jahrzehnten nahm die Akademie, darin besonders fortschrittlich, auch rund fünfzig Studentinnen auf, darunter Marie Ellenrieder, bevor Frauen - wie bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein allgemein üblich - von der staatlichen Künstlerausbildung ausgeschlossen wurden. Darüber hinaus macht die Ausstellung die internationale Bedeutung anschaulich, welche die Münchner Akademie im 19. Jahrhundert besaß, als sie zeitweise nicht weniger europäische und nordamerikanische Künstler anzog als die Akademien in Paris, Wien oder Düsseldorf. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt daher auf der Historienmalerei, die in den Statuten der Münchner Akademie das größte Gewicht erhielt und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ihr Aushängeschild blieb. Auf den kraftmeierischen Aspekt, den manche Monumentalgemälde der Akademiker hatten, spielt auch der Titel der Ausstellung an, der sich auf das Gemälde "Die Kraftprobe" von Franz von Defregger bezieht.

Dabei war die Historienmalerei keineswegs eine rein künstlerische Angelegenheit, sondern vielmehr auch ein Medium des europaweit erstarkenden Nationalbewusstseins. Nicht von ungefähr kamen viele der ausländischen Studenten aus mittel- und osteuropäischen Ländern, die lange zwischen Preußen, Russland, dem Osmanischen Reich oder Österreich-Ungarn aufgeteilt gewesen waren. Weil diese Länder sich für die Begründung ihrer staatlichen Unabhängigkeit auch auf ihre Geschichte, Religion, Volkskultur und Sprache bezogen, boten sie ihren aus München heimkehrenden Künstlern ein großes Aufgabenfeld der Historien- und Genredarstellung. Bedeutende Leihgaben aus den Nationalgalerien in Athen, Belgrad, Bratislava, Budapest, Oslo, Prag, Sofia, Stockholm, Tallinn, Warschau und Zagreb verdeutlichen den enormen Anteil der Münchner Akademie an den künstlerischen Schulbildungen und Geschichtsbildern neu entstehender Nationen. Skandinavien und das Baltikum wie auch Nordamerika werden als weitere wichtige Einzugsgebiete der Akademie ebenfalls mit Bildern ihrer jeweiligen Mythen präsentiert.

Die Ausstellung zeigt überdies zwei deutsche Monumentalgemälde, die jahrzehntelang nirgendwo zu sehen waren und nun eigens für die Ausstellung restauriert wurden: Karl Schorns Menschenpyramide "Sündflut" aus den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (592 x 827 cm) sowie das verloren geglaubte letzte, unvollendet gebliebene Werk "Alexander der Große im Sterbebett" des damals international renommierten Exponenten der Münchner Historienmalerei, Karl von Piloty, aus der Alten Nationalgalerie in Berlin. Auch das Gemälde "Flagellanten" des amerikanisch-deutschen Akademielehrers und -direktors Carl von Marr aus dem Museum of Wisconsin Art in West Bend, das einen mittelalterlichen Geißlerumzug im Format einer Kinoleinwand (420 x 790 cm) zeigt, ist seit hundert Jahren in Europa nicht mehr zu sehen gewesen.

Leuchttürme und Irrlichter (um 1900 bis heute)

Der zweite Teil der Ausstellung verweist exemplarisch auf die 1892 gegründete Münchner Secession, aus der die Akademie nach dem Niedergang der Historienmalerei rasch neue Professoren rekrutierte, um den Anschluss an die fortgeschrittene Moderne zu finden. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wird sie so noch einmal für kurze Zeit zum internationalen Zentrum, das Studenten wie Wassily Kandinsky, Paul Klee, Moissey Kogan oder Franz Marc anlockt. Doch weigert sich die Akademie, die Moderne dauerhaft zu integrieren. Nach dem Ersten Weltkrieg kommen - auf Druck des Ministeriums und gegen den Widerstand des Kollegiums - nur wenige Berufungen zustande, die mutiger genannt werden können. Der gemäßigte Expressionist Karl Caspar wurde später von den Nazis zum Amtsverzicht gezwungen, ohne dass die Professoren dagegen protestiert hätten. Die Ausstellung geht auch der unheilvollen Allianz der beiden NS-Vorzeigeinstitutionen Kunstakademie und "Haus der Deutschen Kunst" nach, wie sie sich bei den Großveranstaltungen "Tag der Deutschen Kunst" und "Große Deutsche Kunstausstellung" ergab. Sie zeigt dann, wie die Abstraktion erst nach dem Krieg mit Ernst Geitlinger Einzug hielt und die Akademie sich in Malerei und Bildhauerei erst spät wieder international orientierte, wofür seit Beginn der 1980er-Jahre der angelsächsische Raum bevorzugt wird. Die Ereignisse der Jahre um 1968, als die Akademie die Hochburg der Studentenproteste in München war, verbindet eine eigens zu der Ausstellung produzierte Bild- und Filminstallation von heutigen Akademiestudentinnen/en mit der Frage, was von diesem Aufbruch übrig blieb.

Die Ausstellung wird kuratiert von León Krempel, Haus der Kunst, in Zusammenarbeit mit der Münchner Forschergruppe "Forschungen zur Künstlerausbildung" unter Leitung von Walter Grasskamp.

Das Katalogbuch "200 Jahre Kunstakademie München" wird herausgegeben von Akademie der Bildenden Künste München, Nikolaus Gerhart, Walter Grasskamp und Florian Matzner; Hirmer Verlag, 500 Seiten, 250 Abbildungen, ISBN 978-3-7774-4205-1; gefördert von der Ernst von Siemens Kunststiftung.

 

Fast zeitgleich, vom 5. Juni bis 14. September, zeigt Museum Villa Stuck in der Ausstellung "Die Secession ist eine Weltanschauung!" Gemälde von Mitgliedern der Münchner Secession.

 

 

 

 

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