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Staatsgalerie Stuttgart

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31.5. - 7.9. 1997

verlängerte Öffnungszeiten an Samstagen und Sonntagen: von 10 bis 18 Uhr.


Mapplethorpe

 

 

Die Retrospektive vereint ca. 200 Arbeiten des 1989 im Alter von 42 Jahren an Aids verstorbenen Künstlers. Der Gastkurator, Germano Celant, verantwortlich für die Sammlung zeitgenössischer Kunst am Guggenheim Museum, New York, und Hauptkommissar der kommenden Biennale in Venedig, hat die Wanderausstellung in Zusammenarbeit mit der Robert Mapplethorpe Foundation, New York, ausgerichtet. 1992 erstmals im Louisiana Museum, Humblebaek, Dänemark, gezeigt, hat die Schau seither bedeutende Orte in Europa, Asien, Australien und Südamerika bereist und dadurch das Werk des enfant terrible der 70er und 80er Jahre weltweit bekannt gemacht.

Ruhm und Skandal ranken noch posthum um die in den U.S.A. zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung und sexuellen Liberalisierung entstandenen Arbeiten des Photographen. Unter dem Diktat der Perfektion zelebrierte der Künstler sein Bekenntnis zur Lust und Homosexualität, machte er das Intime öffentlich und den Körper von Schwarzen bildwürdig. Die Ausstellung zeigt in einem breiten Überblick die künstlerischen Phasen, von den frühen Collagen und Polaroids bis zu den großformatigen Silbergelatineabzügen, dye transfers (Farbübertragungen) und Platinabzügen auf Leinen. In ihnen kommen seine großen Themen Aktaufnahme, Portrait und Stilleben zum Ausdruck.

Mapplethorpe, der nach einem anfänglichen Werbedesign-Studium am Pratt Institute in Brooklyn 1965 das Fach bildende Kunst belegte und sich vor allem für Zeichnen und Bildhauerei interessierte, entwickelte schon früh eine Vorliebe für "objets trouvés". Diese fand ihren ersten Niederschlag in den frühen Collagen, in denen die Homosexualität des Künstlers bekenntnishaft zum Ausdruck kam. Ihr Ausgangsmaterial sind Ausschnitte aus homoerotischen Pornozeitschriften, die durch Verfremdung dem voyeuristischen Blick entzogen und in eine Hommage an das von Angst und Sünde befreite Körperbewußtsein verwandelt werden. Zu einer Zeit, da in den Staaten die Schwulen gegen ihre gesellschaftliche Diskriminierung aufbegehrten, wird in Mapplethorpes Collagen das Anderssein einer Randgruppe zum Thema der Kunst erhoben.

Ab 1971 schafft sich Mapplethorpe mit einer geschenkten Polaroid-Kamera ein eigenes Bildreservoir von persönlicher Ausdruckskraft. Die inszenierte Darstellung der homophilen sexuellen Lust, deren Akteure häufig namentlich genannt werden, folgt einem formalen Klassizismus, der vielfach auf Vorbilder aus der Kunstgeschichte zurückgreift. Vor dem Hintergrund des libertinen Klimas der Hippie-Bewegung kommt es zu einer Ritualisierung von Mapplethorpes homosexueller Neigung, die sich ab der Mitte der siebziger Jahre in einem zunehmenden Interesse für die Hardcore-Praktiken aus dem Sadomaso-Milieu niederschlägt. Die extremen Posen der 1978 erschienenen "X-Portfolios" heben die Schwelle zwischen Lust und Schmerz hervor, die für Mapplethorpe zum Sinnbild intensiven Lebens werden. Indem er sich selbst als Akteur in diese Szenarien einbezieht, vermag der Künstler sein Anderssein in "ehrlichen Bildern" zu veranschaulichen und zugleich seine Außenseiterrolle in der Gemeinschaft Gleichgesinnter aufzuheben .

Der Körper als Fetisch begegnet in den ab 1978 entstehenden männlichen Akten, die in ihrer klassizistischen Anmutung ein zeitloses Bild evozieren, das losgelöst von gesellschaftspolitischen Zusammenhängen - das Archetypische und den Mythos des objektiv Wahren beschwört. Ein weiteres großes Thema in Mapplethorpes Oeuvre sind die seit 1978 entstehenden Blumenstilleben, die durch ihren implizit erotischen Charakter als florales Pendant zu den Körperakten angesehen werden können. Die artifizielle Überhöhung der gegebenen Naturordnung drückt Mapplethorpes visuelles Gefühl für eine magische Bildorganisation aus, die sein gesamtes Werk bestimmt. Neben den Akt- und Blumenphotographien stehen gleichberechtigt die Portraits bekannter Künstler und reicher Persönlichkeiten (u. a. von Andy Warhol, Louise Nevelson, Roy Lichtenstein, Doris Saatchi), in denen die Kamera wie ein Katalysator wirkt, der das Charakteristische und Wesentliche des Menschen in der Momentaufnahme bündelt.

 

 

Katalog:
Hrsg. Germano Celant (324 Seiten, in englischer Sprache) Electa, Mailand, 68,- DM

 

 

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