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Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum - Schloß Gottorf

24837 Schleswig
Tel. 04621 - 813 - 0, Fax 04621 - 813 - 555
täglich 10 - 18 Uhr
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

14.09. - 14.12.2003

Kreuzstall


Expressionismus und Wahnsinn

Im ersten Moment erscheinen "Expressionismus" und "Wahnsinn" wie riskant kombinierte Extreme, die auch geschichtlich beunruhigen. Aber "der Irre" war eine zentrale Figur im Ideenfundus der Expressionisten. Ober seine Bedeutung für Literatur und Film der Zeit liegen auch schon wissenschaftliche Arbeiten vor. Eine Übersicht zur bildenden Kunst wurde dagegen noch nicht versucht. Deutschen Museumsleuten stecken immer noch Schreck und Scham über die große Diffamierungskampagne "Entartete Kunst" der Nationalsozialisten in den Knochen, die Vertreter der Moderne zu "Geisteskranken" erklärte. Auch in der Vorbereitung für diese Ausstellung wurde mehrfach die Befürchtung geäußert, sie könnte "ewig Gestrige" in ihren Vorurteilen bestätigen. Schau und umfangreicher Katalog thematisieren jedoch gerade die Spannung, in der sich die Expressionisten gegenüber dem Wahnsinn befanden: suchten sie zum einen die Nähe, fasziniert vom Fremdartigen und Originellen des "Irren" (und seiner künstlerischen Produkte), flohen sie diese zum anderen, verunsichert durch die zunehmende Pathologisierung ihrer eigenen Kunst durch Psychiater und Politiker.

Für uns erschließt sich Differenz und denkbare Synthese beider Begriffe im zeitlichen Abstand nicht weniger aufregend als in der Zeit von 1905 bis 1935. Die Künstler des Expressionismus, die sich in ihren Werken mit dem Thema Wahnsinn auseinandergesetzt haben, und zeitgenössische Anstaltspatienten, deren Werke hier ebenfalls vorgestellt werden, beziehen Respekt, weil wir mit der Sensibilisierung von menschlicher Grenzerfahrung, wie sie durch Seelsorge und Psychologie täglich neu und nah erfahrbar wird, beständig konfrontiert werden. Wir betrachten nicht katastrophenhungrig solche Bilder, sondern mit der bestürzenden Vergewisserung, als ob unsere sicher scheinende Existenz von schwindendem Halt aufgebohrt würde und wir die Balance verlören.

Dr. Thomas Röske (Frankfurt, London) hat als Kenner besonders der"Brücke"-Künstier und zugleich als Leiter der Heidelberger Sammlung Prinzhorn, der bedeutendsten deutschen Sammlung von Kunst psychiatrischer Patienten, die Idee zur Ausstellung Schloß Gottorf angetragen und alle mit ihr zusammenhängenden Fragen mit unserem wissenschaftlichen Volontär, Dr. Matthias Ohm, bearbeitet und realisiert.

Ohne die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, ihren Vorstand und ihr geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Professor Dr. Michael Göring, würden wir die Ausstellung und den sechsten "Brücke"-Almanach nicht herausbringen können. Sie hat uns das Projekt ermöglicht. Ihr, Herrn Göring und dem Bearbeiter Herrn Röske danken wir von Herzen.

Ausstellungseröffnung am Sonntag, den 14. September 2003, 12 Uhr

 

 

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