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Saarland MuseumBismarckstr. 11-19
66111 Saarbrücken
Tel. 0681 - 996 40; Fax 0681 - 663 93
Di, Do - So 10 - 18 Uhr, Mi 12 - 20 Uhr
http://www.saarlandmuseum.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition
12.9 . - 14.11.1999
DubuffetFiguren und Köpfe
Auf der Suche nach einer Gegenkultur
Nach über einem Jahr der Renovierung kann die Moderne Galerie des Saarland Museums am 12. September 1999 wieder ihre Pforten öffnen. Umfangreiche bautechnische Maßnahmen an den zwischen 1965 und 1976 in mehreren Bauabschnitten entstandenen Gebauden erwiesen sich als notwendig und brachten es mit sich, daß das Haus als eine der augenfälligsten Neuerungen seinen Besuchern jetzt einen Museumsshop mit einem vielfältigen, die Arbeit des Museums unterstützenden Angebot bieten kann.
Zur Wiedereröffnung präsentiert das Saarland Museum eine umfangreiche Retrospektive von Jean Dubuffet mit Werken aus Museen und Sammlungen Deutschlands, Englands, Schottlands, Frankreichs, Italiens, Österreichs, der Niederlande, der Schweiz und der USA. 80 Gemälde und 60 Arbeiten auf Papier sowie eine Reihe von Skulpturen geben Einblick in das OEuvre eines der bedeutenden Künstlers dieses Jahrhunderts. Die Retrospektive ist Teil eines langjährigen Museums- und Ausstellungskonzeptes, das der Kunst des Nachbarlandes Frankreich in besonderer Weise Raum gibt. Gleichzeitig ergänzt die Dubuffet-Ausstellung das Sammlungsprofil des Saarland Museums, in dem die Nachkriegskunst in Deutschland und Frankreich einen wesentlichen Akzent setzt. Mit dieser Ausstellung will das Saarland Museum nicht zuletzt ein weiteres kulturpolitisches Zeichen setzen.
Viermal hat Jean Dubuffet (1901-1985) Anlauf genommen, Künstler zu werden. Dreimal kehrte er, angewidert vom akademischen Kunst- und Kulturbetrieb, ins väterliche Weingeschäft zurück. Erst im Alter von 41 Jahren verpachtete er seine Firma und verschrieb sich ganz der Kunst. Kunst - so der Künstler - "gewähre das höchste Stadium des Rausches. Bis der Verstand wankt! Delirium!" In den verbleibenden vier Jahrzehnten schuf er ein OEuvre, das ihn zu den wichtigsten Künstlern Frankreichs nach dem Zweiten Weltkrieg macht.
Mit seiner künstlerischen Arbeit begab sich Dubuffet auf die Suche nach einer Gegenkultur. Leidenschaftlich setzte er sich in Widerspruch gegen alle akademischen Regeln und ästhetischen Normen, gegen Trends des aktuellen Kulturbetriebs, selbst die klassische Moderne bürstete er gegen den Strich. Kritische Auseinandersetzung mit den ungeliebten Abhängigkeiten von Tradition und Kultur und permanente künstlerische Selbsterneuerung machte Dubuffet zum obersten Gebot.
Vorbilder fand Dubuffet in der Kunst der Außenseiter, in Arbeiten von künstlerisch Unverbildeten, Kindern, Naiven, psychisch Kranken und vermeintlich primitiven Kulturen. Respektvoll nannte er diese Kunst "Art Brut" (Kunst im Rohzustand). Zwar ist Art Brut längst etabliert und vom Kulturbetrieb vereinnahmt, doch besitzt Dubuffets Entwurf einer Gegenkultur unverminderte Aktualität, insbesondere seine positive Kunstkonzeption, die kritische Analyse lustvoll mit Humor und Groteske verbindet.
Die Präsentation im Saarland Museum macht das Menschenbild zum konsequenten Prüfstein fur Dubuffets spannungsreichen künstlerischen Weg, sein Suchen nach Neuem und Unverbrauchtem. Es gelingt ihm, dem traditionellen Bildthema der menschlichen Figur eine unerschöpfliche Originalität zu geben.
In den vierziger Jahren vermischt Dubuffet die Ölfarbe mit Sand oder Mörtel und drückt Glassplitter, Schnur und Kieselsteine in den zähen Materialbrei. Schließlich baut Dubuffet aus Schnipseln seiner zerschnittenen Bilder phantastische Kunstwelten. Surreale Scheinmenschen und lustige Gesellen bevölkern den "L'Hourloupe"-Zyklus oder das Spätwerk der "Théâtres de memoire".
Dubuffets Kunst ist geprägt von der Kriegserfahrung, der Einsicht in die Wirkungslosigkeit intellektueller Ideale und dem Mißtrauen gegen herrschende Moralvorstellungen. Er weigerte sich, zwischen "schon und häßlich" oder "gesund und krank" zu unterscheiden.
Nichts für unmöglich und sich stets offen für Neues zu halten war Dubuffets Grundeinstellung. Seine Faszination von der geheimnisvollen Kraft der Kunst hat der Künstler in einen wundervollen Vergleich gefaßt, indem er erklärt, die Ankündigung, vor ein Bild zu treten, bedeute für ihn soviel wie:
"Ich gehe gleich zu einem Zauberer und lasse mich in eine Maus verwandeln."
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Hatje-Verlag, Stuttgart, außerdem wird ein Kinderkatalog erarbeitet. Unser Aktionsangebot (Vortragsreihe, Führungen, Diskussionen, Filme, Kinderprogramm) können Sie einem speziellen Programmheft entnehmen.
Ausstellungskonzept:
Dr. Ernst-Gerhard Güse, Direktor des Saarland Museums
Prof. Dr. Andreas Franzke, Staatl. Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe
Dr. Mechthild HaasVernissage: 12. September 1999, 11 Uhr