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Stiftung Museum Schloß Moyland

Sammlung van der Grinten
Joseph Beuys Archiv des Landes Nordrhein-Westfalen
Am Schloß 4
47551 Bedburg-Hau
Tel. 02824 - 95 10 60; Fax 02824 - 95 10 99
E-mail: info@moyland.de
Sommer (1.4. - 31.10.): Mo - Do, Sa und So 10 - 18 Uhr; Fr 10 - 21 Uhr
Winter (1.11. - 31.3.): Di - So 10 - 17 Uhr; Mo geschlossen
www.moyland.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

20.02. - 07.05.2000


James Lee Byars

Briefe an Joseph Beuys

Weltweit erstmalig zeigt Museum Schloss Moyland aus seinen Beständen 151 Briefe und Briefumschläge des amerikanischen Künstlers James Lee Byars, die er an seinen deutschen Zeitgenossen Joseph Beuys geschrieben hat. Etwa 15 Jahre schrieb James Lee Byars an Joseph Beuys, ohne je eine Antwort erhalten zu haben. Dennoch wuchs daraus eine Freundschaft mit zahlreichen Begegnungen bei Ausstellungsprojekten und gemeinsamen Aktionen. Die ungewöhnlichen, künstlerisch gestalteten Briefe, von zum Teil gigantischen Ausmaßen, sind Zeugnis dieser Künstlerfreundschaft, und kreisen um das Thema der gewandelten Rolle von Kunst und Künstler sowie dem kunstkritischen Blick auf die Rolle der Avantgarde-Kunst in der heutigen Gesellschaft.

Briefkunstwerke - gefaltet, geknittert und gekräuselt, die ganze sinnliche Welt zu Händen

Zwischen 1972 und 1986 schrieb der amerikanische Performance- und Konzeptkünstler James Lee Byars (1932-1997) unermüdlich Briefe an seinen deutschen Künstlerkollegen Joseph Beuys (1921-1986), ohne je schriftlich Antwort zu erhalten. Die Ausstellung spürt diesem kuriosen und geheimnisvoll einseitigen Bemühen nach. Sie präsentiert erstmalig die vollständige Sammlung der Briefe und Briefumschläge von James Lee Byars aus den Beständen des Museums Schloss Moyland. Dokumente, Fotoarbeiten und Filme von verschiedenen Leihgebern verdeutlichen das besondere Verhältnis der beiden Künstler zueinander, das sich über Jahrzehnte während zahlreicher Begegnungen bei Ausstellungsprojekten und gemeinsamen Aktionen vertiefte.

Nach Byars' eigener Einschätzung war die Freundschaft mit Joseph Beuys, den er 1969 in Düsseldorf kennenlernte, von großer Bedeutung, da er ihm als einzigen Künstler über Jahre hinweg schrieb. Die Briefe bezeugen die geistige Verwandtschaft der beiden Avantgardekünstler und geben einen tiefen Einblick in beider kunsttheoretisches Verständnis. Die Ausstellungskonzeption wirft durch die einzigartige Quellenlage kunsttheoretische Fragen auf, die den Begriff der Avantgarde-Kunst neu zur Diskussion stellen. Umfassend bezeugt das Konvolut der Briefkunstwerke die Verbundenheit zu Joseph Beuys, die Basis ihrer Beziehung, Berührungspunkte zwischen den Künstlern, die gemeinsame Arbeit und die Bedeutung der Gattung 'Briefkunstwerke' im OEuvre von Byars. Exemplarisch spiegelt sich in ihnen die Suche nach neuen Ausdrucksformen in der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. James Lee Byars und Joseph Beuys gelangten auf unterschiedlichen Wegen zur visionären Idee der Erweiterung des Kunstbegriffs in mentale Räume, in denen kulturelle, historische und symbolische Bezüge in direkte Beziehung zum Leben gestellt werden. Als permanent Reisender durch Europa, Japan und Amerika, ohne festen Wohnsitz und Atelier, wurde das Briefeschreiben an Freunde, Galeristen und Sammler für Byars zu einem wichtigen Bezugspunkt.

Aus neuer künstlerischer Perspektive schreibt Byars an Joseph Beuys Briefe, die bei weitem die bloß vertrauliche Mitteilung oder den Informationsaustausch über Alltägliches und Biographisches übersteigen. Die Briefe an Joseph Beuys formulieren einen neuen Werkbegriff, der in dieser Form noch nie so radikal als eigenständige Kunstgattung präsentiert wurde. Ungewöhnliche Materialien wie Papier von Küchenrollen, hochwertige Papiere aus Japan und China, transparente farbige Seiden- und Goldpapiere sowie pflanzliche Blätter schnitt und klebte der Künstler zu außergewöhnlichen Briefformen: zu Türmen, Fahnen, Flugzeugen oder menschlichen Figuren. Oft haben die Briefe überdimensionale Ausmaße, bis zu 10 Metern, auf denen nur ein Wort, ein Ausruf oder geheimnisvolle, chiffrenhafte Schriftzeichenkürzel sich in endlosen Bahnen ziehen. Die z.T. riesigen Flächen mußten unendlich gefaltet oder gestapelt werden, um in einen Briefumschlag zu passen, der wiederum mit Goldstaub, Farbpigmenten oder Pflanzensamen gefüllt war. Diese inszenierten Farb- und Formenspiele sind Ausdruck seiner Kunst, in der gattungsübergreifend das Zweidimensionale zu Dreidimensionalem wird, das Beständige mit dem Flüchtigen, beispielsweise das Rieseln des Farbstaubes beim Öffnen des Briefes, zusammenfällt. Die intensive Farbigkeit und die Materialität der Arbeiten zeugen von dem philosophischen Impetus und dem hohen Grad an Abstraktion, der lebenslangen Beschäftigung, besonders mit japanischer Kunst, Philosophie und Religion. Byars' Forderungen nach absoluter Reinheit Symbolkraft und enigmatischen Bildern sind grundlegende Aspekte seiner Arbeit. Im Mittelpunkt seines Werkes steht die Suche nach Vollkommenheit (The Perfect) in der Inszenierung des Augenblicks. Als Zeichen seines kunsttheoretischen Konzeptes taucht der Begriff "Perfect" seit Mitte der siebziger lahre stets in ironischer Brechung auf. Byars und Beuys verfolgten vergleichbare Strategien innerhalb ihrer Kunst, trotz beispielsweise gegensätzlichen Umgangs mit dem Publikum, unterschiedlicher künstlerischer Materialien sowie diametralem Habitus und Auftreten. Beide verbinden ähnliche Ziele und eine Seelenverwandtschaft in der Kunst, die wohl auch die Basis für das Briefeschreiben von Byars an Beuys war, obwohl dieser nie geantwortet hat.

Weitere Ausstellungsstationen
Museum van Hedendaagse Kunst Antwerpen, Museum Fridericianum Kassel, Kunsthaus Zürich, Museum für Kommunikation Frankfurt/Main

Begleitprogramm

Vortrag

02.03.2000, 19.30 Uhr: Dr. Viola Michely, Kuratorin der Ausstellung

Podiumsdiskussion zur Ausstellung
06.04.2000, 19.30 Uhr: "Avantgarde und Publikum am Beispiel von James Lee Byars und Joseph Beuys"

 

 

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