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Heidelberger Kunstverein

Hauptstraße 97
69117 Heidelberg
Tel. 06221 - 18 40 86: Fax 06221 - 16 41 62
Di - So 11 - 17 Uhr, Mi 11 - 20 Uhr
hdkv@hdkv.de
www.hdkv.de
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

9.10.1999, 20 Uhr


Christina Kubisch

Oase 2000

 

Samstag, 9.10.1999, 20 Uhr

Konzert mit Uraufführungen und Verleihung des Heidelberger Künstlerinnenpreises 1999 an Prof. Christina Kubisch

Laudatio: Hans Gercke, Heidelberger Kunstverein

Sonntag, 10.10.1999, 20 Uhr Abschlußveranstaltung mit Film (A contact - Science-fiction-Film von Jahangir Zeynally, Musik von Ali-Sade) und Abschluß-Party Heidelberger Kunstverein

Im Rahmen des 13. Internationalen Festivals für Neue Musik, das vom 7.-10. Oktober unter der Schirmherrschaft der Oherbürgermeisterin in Heidelberg stattfindet - diesmal in Verbindung mit der Jahrestagung der ECPNM (European Conference of the Promoters of New Music), wird am Samstag, dem 9. Oktober, der die diesjährige Künstlerinnen-Preis an Christina Kubisch verliehen - eine Künstlerin, die als Flötistin begann, sich aber schon während ihres Doppelstudiums mehr und mehr mit den Überschneidungen visueller und akustischer Phänomene im Grenzbereich zwischen Musik und Bildender Kunst beschäftigte. Insofern verkörpert sie auf ideale Weise das Thema "Doppelbegabungen ", das diesmal dem Festival seinen besonderen Akzent gibt. Christina Kubisch, seit 1994 Professorin an der Hochschule der Bildenden Künste Saarbrücken, wird im Rahmen der Festveranstaltung auch eine Uraufführung zu Gehör bringen, die als Kompositionsauftrag vom Kulturinstitut Komponistinnen gestern - heute e.V. Heidelberg vergeben wurde.

Christina Kubisch war 1990 mit einer Licht-Klang-Installation bei der Ausstellung "Blau - Farbe der Ferne" des Heidelberger Kunstvereins vertreten, bereits 1981 realisierte sie im Rahmen eines Performance-Festivals eine wunderschöne Klanginszenierung im Garten des Kunstvereins - wir zeigen auf diesen Seiten einige der seiner Zeit entstandenen Fotos. Mit ihrer neuen Arbeit, die bis zum 14. November zu sehen und zu hören sein wird, greift sie bewußt auf die damalige zurück. Waren es damals elektronische Klänge, die naturhaft anmuteten, so verwendet sie jetzt Naturklänge, die dem Hörer freilich seltsam fremd vorkommen. Kopfhörer können an der Kasse des Kunstvereins ausgeliehen werden.

Über ihre neue Arbeit schreibt die Künstlerin:

1981 konnte ich eine raumbezogene Außeninstallation an der damals noch nicht abgerissenen Gartenhalle des Heidelberger Kunstvereins realisieren. Es war nicht nur eine meiner ersten Arbeiten mit dem magnetischen Induktionsverfahren, sondern meine erste Klanginstallation in Deutschland überhaupt! Auch darum hat sie in meinem Werk einen wichtigen Platz.

Gegen Ende der 70er Jahre entwickelte ich während eines auf das Musikstudium folgenden Elektronikstudiums die Basis vieler späterer Klanginstallationen, die in Europa, Asien, USA, Australien und Südamerika stattfanden. Die Grundidee war, dem Betrachter/Zuhörer eigene Zeit- und Bewegungsräume zur Verfügung zu stellen, in denen Klänge und deren Abläufe musikalisch immer wieder neu erfahren werden konnten. Die technische Grundlage, die ursprünglich bei Simultanübersetzungen verwendet wurde, ist einfach: Verschiedene Kabelfelder, gebildet aus elektrischen Kabeln, werden im Raum verteilt. Sie bilden jeweils eine Spule (es gibt also keine Lautsprecher), in die verschiedene Klänge eingespeist werden. Dabei entstehen magnetische Felder, die mittels Induktion gesendet und empfangen werden. Anfangs, wie in Heidelberg, geschah das noch mit kleinen viereckigen Würfeln mit eingebautem Lautsprecher, die man sich an die Ohren hielt.

Später wurde die Bewegungsfreiheit und die Tonqualität wesentlich verbessert durch selbstentworfene magnetische (also kabellose) Kopfhörer, mit denen man sich frei im Raum bewegen konnte. Jede Bewegung, oft sogar nur eine leichte Kopfbewegung, ergab andere Klangzusammenstellungen; der Besucher wurde zu einem "Mixer", der sich sein Stück individuell zusammensetzen konnte.

Diese Art von heute fast archaisch anmutender Interaktivität (die keine Rechnerprogramme erfordert) war im Freien auch über sehr große räumliche Distanzen machbar und so entstanden, vorwiegend in den 80er Jahren, zahllose Induktionsarbeiten in Gärten, Kellern, Parkanlagen, Kirchen, alten Fabriken, verlassenen Gebäuden, etc. Jede Arbeit war zugleich eine visuelle und akustische Erkundung des jeweiligen Ortes. 1981 entstand so "Ecouter les murs" für die Außenwände der romantisch anmutenden Gartenhalle des Heidelberger Kunstvereins. Verschiedenfarbige Kabel wurden zwischen die Bögen der Holzspaliere der Außenmauer gespannt, geometrisch passend zu der von Pflanzen überwachsenen Konstruktion. Auch der alte Steinbrunnen und ein Baum wurden verkabelt. Die Klanglandschaft bestand aus elektronisch erzeugten Klängen, die stark an Naturklänge erinnerten und sich mit denen des Gartens vermischten.

"The True and The False": dieser spätere Titel einer Reihe von Installationen bildete schon damals den Ausgangspunkt einer Suche nach dem Original und der Fälschung. Rund zwanzig Jahre danach entsteht nun eine neue Arbeit fur den Heidelberger Kunstverein: OASE 2000. Mit einem erst Anfang dieses Jahres gebauten neuen Induktionssystem (eingeweiht anläßlich des Klangkunstforums Potsdamer Platz im April dieses Jahres) wird auch diesmal der Garten des Kunstvereins verkabelt und hörbar gemacht. Der Bezug zur Natur und die damit verbundenen Klänge sind allerdings der neuen Situation angepaßt.

Der Garten des Kunstvereins, öfter bezeichnet als Idylle oder Oase inmitten städtischer Hektik, ist nach dem Umbau ebenfalls neu gestaltet worden. Eine elegante kleine Parkanlage, der zur ultimativen Idylle allerdings noch die echten Klänge der letzten irdischen Paradiese fehlen: brasilianische Regenwälder, exotische Vögel aus aller Welt, Bergbäche im Frühling und nächtliches Waldesrauschen. Mittels eines magnetischen Kopfhörers kann jeder Besucher dieses im Innenhof implantierte akustische Paradies nun selbst begutachten. Die Klänge sind alle natürlichen Ursprungs und akustisch nicht bearbeitet. Trotzdem wirken sie zum größten Teil unechter als viele synthetische Klänge, die uns im täglichen akustischen Einerlei Natur suggerieren sollen. Was ist echt und was ist falsch: diese Frage wird gestellt, aber nicht definitiv beantwortet.

 

 

Christina Kubisch - Biographie

1948 geboren in Bremen

1967 - 68 Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart, bei K H. Sonderborg

1969 - 72 Musikstudium an der Staatlichen Hochschule für Musik und Bildende Kunst in Hamburg und der Hochschule für Musik Studium an der Freien Kunstschule Zürich

1974-76 Studium der Komposition und Elektronischen Musik, Konservatorium, Mailand

seit 1994 Professur an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, lebt in Berlin und Saarbrücken

 

Ausstellungen (Auswahl)

1978 Biennale di Venezia, Venedig Julian Pretto Gallery, New York

Time Based Arts, Amsterdam Kunsthalle Düsseldorf, Düsselsdorf

Xebec Hall, Kobe, Japan

Paco Imperial, Brazil

North Adams, MASS MoCA, Massachusetts

 

 

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