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Galerie Anselm Dreher

Pfalzburger Straße 80
10719 Berlin
Tel. 030 - 883 52 49, Fax 030 - 881 65 31
E-mail: anselm.dreher@web.de
Mi - Fr 15 - 18 Uhr und nach Vereinbarung
http://www.galerie-anselm-dreher.com
aktuelle Ausstellung / current exhibition
vorausgegangene Ausstellung / previous exhibition

 

 

23.06. - 28.07.2001


Volkhard Kempter

Lumen, Lux & Fixtures

 

 

Volkhard Kempter, 2001
column 8/3-28
248 x 230 x150 cm

 

 

 

Volkhard Kempter, 2001
column 12/4-28
248 x 230 x 150 cm

 

 

 

Volkhard Kempter, 2001
Fixture/Nonfixture
Videoskulptur: Videoprojektion, manipulierte Leuchtstoffröhre

 

Dunkel ins Licht

Kein schöner Schein: Volkhard Kempter stellt mit seinen Installationen den
Schatten in den Vordergrund

Wer hinter dem Ausstellungstitel "Lumen, Lux und Fixtures" ästhetische
Verführungen zum göttlichen "Lumen mundi" oder "Fiat Lux" vermutet, wird in
der Galerie Anselm Dreher enttäuscht; und ist gleichwohl mit den
kontemplativen Arbeiten von Volkhard Kempter nach einer Weile mitten im
Thema. Schneidend weiß breiten sich "Column I" und "Column II" über
zweieinhalb Meter Höhe und zwei Räume aus: ein bizarres Areal aus jeweils
achtundzwanzig Lichtkästen mit seriellen Chromrastern - als Ganzes sichtbar
nur durch die Fenster, vom Gehsteig aus. Rund zweihundert vertikale
Leuchtstoffröhren blenden und kippen das Licht- und Wärmeempfinden - für den
Sehnerv des Betrachters durchaus gewöhnungsbedürftig. Die Sachlichkeit der
zylindrisch angeordneten und zur Wand geöffneten Körper ist im begehbaren
Inneren weiter reduziert: Spröde Rückwände von Deckenlampen, wie man sie aus
Großraumbüros kennt, bieten Schutz vor dem schönen Schein.
Volkhard Kempter, Jahrgang 1961, setzt in seinen Lichtarbeiten nicht auf die
optische Überwältigung. Ein subtiler Schattenmann, der gewöhnliche
Seh-Muster ebenso konterkariert wie numinose Konnotationen. Der Begriff des
Lumens, das "Licht der Welt", impliziert diese physikalische Leuchtkraft,
aber zugleich den Hohlraum röhrenförmiger Körperorgane. Auf mehreren
Bedeutungsebenen formuliert Kempter so seinen eigentlichen Gegenstand:
"Column I" im Eingangsraum und "Column II" parallel dazu im zweiten bilden
eine denkbare Einheit, indem sie die Wand zu durchbrechen scheinen. Kempter
stellt das Dahinterliegende in den Schatten und rückt es so ins Zentrum. Das
Schattendasein der Wand wird zum Leitmotiv, das Blick und Wahrnehmung
polarisiert: Schaut man hin oder weg? Geht man durch oder läuft man vor die
Wand?
Minimalistische Strenge steigert der Künstler bisweilen ins Exzentrische. Wo
Pioniere wie Dan Flavin mit Magie arbeiten, setzt Kempter auf Askese. Mit
sublimen, bisweilen kaum wahrnehmbaren Nuancen, mit Auslassungen und
delikaten Störungen führt er hinter das Licht. Während die Lichtsäulen den
white cube noch einmal in gleißendes Weiß tauchen, umgibt die
Videoinstallation "Fixture/Nonfixture" theatrales Dunkel. Kempter dupliziert
eine wiederum weiße Leuchtstoffröhre und konzentriert den Charakter des
schnellsten Mediums auf den Moment. Stakkatohaft entfalten die reale und die
projizierte Neonröhre ihren Dialog im diskreten Charme des Aufblitzens. Die
ungerichtete Energie des Zufalls, der elektrische Störfall also, wird
eingefangen und wie das klassische Tafelbild in einen Rahmen gesetzt.
Ungerichtete Energie wird so neu ausgerichtet, die Lichtquellen schließen
sich gegenseitig kurz, lösen Bewegung aus und halten sie für den Bruchteil
einer Sekunde gleichsam wieder an. Wie sich im weißen Licht alle Farben des
Spektrums vereinen, überlagern sich hier Realität und Imagination, Bild und
Abbild zum kontrapunktischen Klang von Dynamik und Stillstand.
In kühner Abwandlung des Platonschen Höhlengleichnisses verweist Kempters
Konzept von Licht und Nicht-Licht auf eine schattenlose Gesellschaft, die
das Dunkel ausgrenzt. Die Fessel ihrer Gefangenen ist die Penetranz einer
Dauer-Beleuchtung, die keinen "lichtruhigen" Blick mehr zulässt: Der
Schatten übernimmt bei Kempter nicht länger die Funktion der ästhetischen
Chimäre, sondern symbolisiert einen Verlust im Überfluss - eine Oase im
buntflimmernden Allerlei.
Michaela Nolte
Der Tagesspiegel, Kunst & Markt, 14. Juli 2001

 

Ausstellungseröffnung am 22. Juni 2001, 19 - 21 Uhr

 

 

 

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